Roman // Original: Hitoribiyori // 2006
Cass Verlag // Erste Auflage 2015 // Aus dem Japanischen von Katja Busson
156 Seiten // 17 Euro // Broschur
Mit Eigenwetter eröffnete sich mir eine ferne Welt. Wenn die junge Chizu Minka surume (getrockneten Tintenfisch) schneidet, kinski (geröstetes Sojabohnenmehl) verwendet oder es warabi-mochi (Würfelgelee) gibt. Oder die ungewohnten Ortsnamen Ikebukuro, Shinjuku, oder der Bahnhof Sasazuka. Aber Jintan-Kräuterpillen sind eben auch nur Kräutertabletten und die 21 jährige Chizu, ein kluges, etwas verlorenes Mädchen auf der Suche nach Liebe, Geborgenheit, einer Zukunft und vor allem nach sich selber.
Obwohl sie Fujita, der als Ordner (Leutereindrücker) bei der U-Bahn arbeitet, nicht wirklich liebt, will sie ihn nicht verlieren. Wie schon ihren Freund vor Fujita. Aus Angst vor der Einsamkeit nimmt sie lieber eine schlechte als gar keine Beziehung in Kauf:
Chizu hat eine spezielle Taktik zur Erinnerung an Nähe und gegen die Angst vor der Leere entwickelt: sie nimmt kleine banale Dinge wie Bleistifte, Radiergummis oder Hustenpillen von ihren Bekannten/Freunden und versteckt diese in einem Schuhkarton. Bei Bedarf holt sie diese Dinge hervor und ruft sich die Erinnerung an die jeweiligen Personen ins Gedächtnis.
Chizus Geschichte beginnt im Frühling und geht über die Kapitel Sommer, Herbst und Winter bis zum "vor dem Frühling". Im Frühling zieht Chizu bei der 70 jährigen Ginko in das kleine Häuschen am Ende des Bahndamms ein. Ihre Mutter geht wegen ihrer Arbeit nach China, einen Vater gibt es nicht. Chizu will weder nach China mitgehen, noch studieren. Sie will nach Tokyo und wird zu "Oma" Ginko, einer entfernten Verwandten, geschickt. Mit Ginko kommt Chizu gut zurecht, da Ginko nie etwas von Chizu verlangt oder ihr gute Ratschläge gibt. Sie gibt Chizu den nötigen Freiraum und stärkt ihr durch ihre Anwesenheit gleichzeitig den Rücken. Die beiden werden so etwas wie eine Familie und Chizu kann verschiedene Jobs und Beziehungen zu anderen Menschen erproben.
Chizu nutzt das Jahr bei Ginko um sich zu festigen und "Erwachsen" zu werden, während Ginko in dieser Zeit immer jünger wird. Ginko verlässt wieder öfter ihr Häuschen, kleidet sich modischer, verliebt sich und beginnt Urlaubspläne zu machen, was auch zu Reibungen zwischen den Beiden führt:
Eigenwetter ist ein sehr vielschichtiger berührender Roman, poetisch und realistisch zugleich. Ich habe noch lange über die junge Chizu und die alte Ginko nachgedacht und würde gerne noch viel mehr von der wunderbaren Erzählerin Nanae Aoyama lesen.
Cass Verlag // Erste Auflage 2015 // Aus dem Japanischen von Katja Busson
156 Seiten // 17 Euro // Broschur
Mit Eigenwetter eröffnete sich mir eine ferne Welt. Wenn die junge Chizu Minka surume (getrockneten Tintenfisch) schneidet, kinski (geröstetes Sojabohnenmehl) verwendet oder es warabi-mochi (Würfelgelee) gibt. Oder die ungewohnten Ortsnamen Ikebukuro, Shinjuku, oder der Bahnhof Sasazuka. Aber Jintan-Kräuterpillen sind eben auch nur Kräutertabletten und die 21 jährige Chizu, ein kluges, etwas verlorenes Mädchen auf der Suche nach Liebe, Geborgenheit, einer Zukunft und vor allem nach sich selber.
Obwohl sie Fujita, der als Ordner (Leutereindrücker) bei der U-Bahn arbeitet, nicht wirklich liebt, will sie ihn nicht verlieren. Wie schon ihren Freund vor Fujita. Aus Angst vor der Einsamkeit nimmt sie lieber eine schlechte als gar keine Beziehung in Kauf:
"Mir war nicht mehr zu helfen. Wann würde ich endlich nicht mehr alleine sein? dachte ich und zuckte zusammen. Wollte ich denn nicht alleine sein? Ich hatte doch immer gedacht, nicht allein sein zu wollen sei kindisch und peinlich..."
Chizu hat eine spezielle Taktik zur Erinnerung an Nähe und gegen die Angst vor der Leere entwickelt: sie nimmt kleine banale Dinge wie Bleistifte, Radiergummis oder Hustenpillen von ihren Bekannten/Freunden und versteckt diese in einem Schuhkarton. Bei Bedarf holt sie diese Dinge hervor und ruft sich die Erinnerung an die jeweiligen Personen ins Gedächtnis.
Chizus Geschichte beginnt im Frühling und geht über die Kapitel Sommer, Herbst und Winter bis zum "vor dem Frühling". Im Frühling zieht Chizu bei der 70 jährigen Ginko in das kleine Häuschen am Ende des Bahndamms ein. Ihre Mutter geht wegen ihrer Arbeit nach China, einen Vater gibt es nicht. Chizu will weder nach China mitgehen, noch studieren. Sie will nach Tokyo und wird zu "Oma" Ginko, einer entfernten Verwandten, geschickt. Mit Ginko kommt Chizu gut zurecht, da Ginko nie etwas von Chizu verlangt oder ihr gute Ratschläge gibt. Sie gibt Chizu den nötigen Freiraum und stärkt ihr durch ihre Anwesenheit gleichzeitig den Rücken. Die beiden werden so etwas wie eine Familie und Chizu kann verschiedene Jobs und Beziehungen zu anderen Menschen erproben.
Chizu nutzt das Jahr bei Ginko um sich zu festigen und "Erwachsen" zu werden, während Ginko in dieser Zeit immer jünger wird. Ginko verlässt wieder öfter ihr Häuschen, kleidet sich modischer, verliebt sich und beginnt Urlaubspläne zu machen, was auch zu Reibungen zwischen den Beiden führt:
"Mit einer Mischung aus Feindseligkeit und Solidarität sahen wir uns an; vom Alter her lagen wir zwar weit auseinander, aber wir waren doch beide Frauen."
Eigenwetter ist ein sehr vielschichtiger berührender Roman, poetisch und realistisch zugleich. Ich habe noch lange über die junge Chizu und die alte Ginko nachgedacht und würde gerne noch viel mehr von der wunderbaren Erzählerin Nanae Aoyama lesen.
Für das Rezensionsexemplar danken wir:
Das klingt wirklich nach einem schönen Roman. Manchmal mag ich es lieber, wenn in Büchern nicht immer Ereignis auf Ereignis folgt, sondern mehr Wert darauf gelegt wird Beziehungen zu beschreiben und aufzubauen.
AntwortenLöschenLiebste Grüße und noch einen schönen Sonntag,
Sonja von https://searchingforkitsch.blogspot.de