Das gute daran, dass ich durch die Uni jeden Tag bis zur Friedrichstraße fahre, ist die Zeit, die ich während der Fahrt zum lesen habe. Der Nachteil: Ich habe auch viel Zeit für einen Einkaufsbummel - denn wenn man schon mal da ist, kann man ja mal einen kurzen Blick in den einen oder anderen Laden werfen. So ist mein Kleiderschrank nicht nur um einige Pullover reicher, ich habe auch viel zu viel Weihnachtsschmuck gekauft (Ich bin allgemein ein riesiger Weihnachtsfan)! Auch meine Sucht nach neuen Büchern habe ich natürlich regelmäßig gestillt, sodass mein Regalfach mit ungelesen Büchern langsam platzt.
Da ich jedoch für die Uni schon immer einige Bücher mitschleppen muss (an schlechten Tagen sind das bis zu drei Gesetzestexte und ein Lehrbuch), ist meine Tasche bereits sehr schwer, sodass ich nicht auch noch ein schweres Buch mitnehmen möchte. Die Alternative E-Reader ist jedoch auch nichts für mich, da ich gerne ein Buch in der Hand halte und die Seiten umblättere.
Als ich mir ein Lehrbuch kaufen musste und noch ein wenig Geld übrig hatte, kam ich auf die passende Alternative. Ein Reclam-Heft ist günstig (mein Geldbeutel bedankt sich), handlich und leicht (mein Rücken bedankt sich ebenfalls) und ich komme endlich dazu, ein paar Klassiker zu lesen, wie ich es mir schon seit längerem vorgenommen habe.
Da wollte ich sogleich mit einem Autor beginnen, von dem ich bisher noch nichts gelesen hatte: E. T. A. Hoffmann. Ich kannte "Der Sandmann" natürlich und hatte auch eine entfernte Ahnung von der Handlung, weshalb ich mich schließlich dafür entschied. Zwei Tage später kaufte ich dann noch ein Märchen "Nussknacker & Mausekönig".
Der Sandmann handelt von einem Studenten Nathanael, der davon überzeugt ist die Schreckgestalt aus Kindheitstagen wiedergesehen zu haben.
Als nach dieser traumatischen Erfahrung auch noch der Vater stirbt, für dessen Tod Nathanael dem Advokaten die Schuld gibt, verkörpert Coppelius von nun an alles Böse für ihn.
Die angebliche erneute Begegnung mit dem Sandmann weckt die alten Erinnerungen und stürzt Nathanael in den Wahnsinn und schließlich auch in den Selbstmord.
Dieses Werk zu analysieren möchte ich mir gar nicht anmaßen - viele Literaturwissenschaftler haben sich bereits mit dem Sandmann auseinander gesetzt - dennoch möchte ich ein paar Worte dazu verlieren, was mich fasziniert hat. Auch wenn uns die moderne Erzählform, die traditionellen Erzählperspektiven (personal, auktional, Ich-Erzähler) zu vermengen und auch andere Medien mit einzubinden, als alltäglich vorkommt, war Hoffmanns Erzählung neu. Nachdem Goethe keine 42 Jahre zuvor mit die Leiden des jungen Werther 1774 den ersten Briefroman veröffentlicht hat, beginnt der Sandmann mit einem Briefwechsel zwischen Nathanael, Lothar und Clara. Erst nach mehreren Briefen beginnen die gegenwärtigen Geschehnisse.
Doch nicht nur der spannende Einstieg hat mir sehr gut gefallen. Hoffmanns Sprache hat mich in seinen Bann gezogen. Goethe und Hoffmann waren beide bedeutende Schriftsteller der Romantik, der Sandmann gehört zur schwarzen Romantik, unterscheiden sie sich enorm.
Mein zweites Werk von E.T.A. Hoffmann ist "Nussknacker und Mausekönig". Wenn jemand vom Nussknacker spricht, denke ich direkt an das Ballet von Tschaikowsky, der sich von Hoffmanns Märchen hat inspirieren lassen. Die eigene Geschichte kannte ich nicht, weshalb ich es mir ebenfalls kaufte. Hauptperson dieses Märchens ist die 7 Jahre alte Marie. Der Obergerichtsrat Droßelmeier, Pate der Kinder und Uhrmacher, schenkt den Geschwistern jedes Jahr zu Weihnachten eine Kostbarkeit, mit der die Kinder aufgrund seines Wert auch nicht spielen dürfen. Doch dieses Jahr liegt auch ein Nussknacker unter dem Weihnachtsbaum, den Marie sofort in ihr Herz schließt. Doch besagter Nussknacker erwacht in der Weihnachtsnacht plötzlich zum Leben.
Denn der Nussknacker ist kein richtiger Nussknacker, tatsächlich ist er ein verzauberter Junge und zugleich der Neffe des Uhrmachers. Der Pate Drosselmeier erzählt Marie die Geschichte von der harten Nuss und wie der Junge zum Nussknacker geworden ist. Nun muss Marie dem Nussknacker helfen, den Mausekönig zu besiegen, um so seine menschliche Gestalt wieder zu erlangen.
Auch hier war ich wieder von Hoffmanns Erzählweise begeistert, bei der aufgrund des Märchenstils nur selten erkennt wie alt das Werk wirklich ist.
Allgemein war ich sehr positiv von E. T. A. Hoffmann überrascht, da er so verständlich zu lesen war. Bei "Kabale und Liebe" von Friedrich Schiller viel mir das Verständnis beispielsweise schwerer, was an dem kunstvoll gebildeten Satzbau lag. Jeder, der sich ein wenig für die Geschichte und Entwicklung der deutschen Literatur interessiert, kommt nicht an Hoffmann vorbei. Dabei ist vor allen der Nussknacker und Mausekönig ein guter Einstieg in die immense Werksammlung des Romantikers.
Ein interessanter Sidefact zum Abschluss: E. T. A. Hoffmann hieß bürgerlich Ernst Theodor Wilhelm. Den Namen Amadeus gab er sich aufgrund seiner Wertschätzung zu dem gleichnamigen Musiker Wolfgang Amadeus Mozart selbst.
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