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Goethe, Shakespeare, Jenny Colgan: Liebesbriefe in Bäumen

Hallo Ihr Lieben,

während ich mich freue dieses Frühjahr Knospen, Vögel und manchmal sogar schon etwas Grün in den Bäumen sehe, finde ich in der Literatur auch Gedichte und Bücher in Bäumen.

So in Goethes „Torquato Tasso“, in den sich eine gefühlvolle Verbindung zwischen dem Dichter Torquato Tasso und Prinzessin Leonore von Este entwickelt hat. Um die Prinzessin zu erfreuen, hängt Torquato Liebesgedichte in die Bäume. Hier ein kurzer Auszug aus dem Gespräch der Prinzessin mit ihrer vermeintlichen Freundin Leonore Sanvitale, der Gräfin von Scaniano. Leonore Sanvitale gönnt der Prinzessin die Liebe Torquato Tasso’s nicht und spielt ein doppeltes Spiel mit ihnen:

„Prinzessin: Die schönen Lieder, die an unseren Bäumen
Wir hin und wieder angeheftet finden,
Die, goldenen Äpfeln gleich, ein neu Hesperien
Uns duftend bilden, erkennst du sie nicht alle
Für holde fruchte einer wahren Liebe?
Leonore: Ich freue mich der schönen Blätter auch.
Mit mannigfaltigem Geist verherrlicht er
Ein einzig Bild in allen seinen Reimen.“


Hesperien: Ort des Gartens der Hesperien, bekannt aus der Herakles-Sage. Er muss dort die goldenen Äpfel holen

Laut Kommentar kommen an Bäume gehängte Liebesverse in der Schäferdichtung und der Renaissanceepik mehrfach vor. Goethes direktes Vorbild war aber wohl Shakespeare „Wie es euch gefällt“ III, 2, wo Orlando an Bäume des Ardennerwaldes Verse an Rosalinde heftete, die Probstein „schlechte Früchte“ nannte.
 


Fündig geworden bin ich aber auch bei einem neueren Buch von Jenny Colgan „Wo das Glück zu Hause ist“ (Piper Taschenbuch, Deutsch 2020; Original 2016). Hier verschlägt es die arbeitslose Bibliothekarin Nina mit ihrem Bücherbus ins schöne Schottland. Dort trifft sie nicht nur auf interessante schottische Junggesellen, sondern infolge eines Beinahe-Unfalls am Bahnübergang auf Marek, den Fahrer des Nachtgüterzuges. Es entwickelt sich eine zarte Beziehung, indem sich beide kleine Geschenke in die Äste des großen alten Baums am Bahnübergang hängen:

„Er war von oben bis unten voller Bücher, die mit Schnürsenkeln an die Zweige gebunden waren und daran baumelten wie reifes Obst. In der tiefblauen Sommernacht war dieser Bücherbaum mitten im Nichts ein seltsamer und eigentümlich schöner Anblick.
Nina starrte da Gebilde an. Oh, Marek, was hast du nur getan? dachte sie. Da gab es Bücher über Geschichte, Romane, Gedichtbände, einige auf Russisch oder Lettisch, andere auf Englisch.“

Bücher, Gedichte und Liebesbriefe in Bäumen - ein wunderschöne Gedanke - , findet Ihr auch?

Vorgelesen 
   von Gisela

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