D. B. Blettenberg: Falken jagen & Viktor Glass: Schüssler und die verschwundenen Mädchen
D. B. Blettenberg: Falken jagen
Kriminalroman // Pendragon Verlag // 2018
380 Seiten // 18,- Euro // Klappenbroschüre
Auch wenn Farang sich eigentlich ein ruhiges Leben mit einem Restaurant mit der Spezialität Rattenfleisch im beschaulichen Süden Thailands aufgebaut hat, kann er sich nicht widersetzen als ihn der Ruf von Imelda, der Tochter des Generals, ereilt. Imeldas Bruder, der für den Polizeiapparat in Bangkok verantwortlich ist, droht bei der Verfolgung eines Serienmörders ein Gesichtsverlust. Der Täter tötet Deutsche in Bangkok und hinterlässt am Tatort eine Epistel über das Leben des Phaulkon.
Da die Polizei sich bei den Ermittlungen schwer tut und weitere Opfer sich negativ auf die Stellung des Polizeichefs auswirken würden, soll sich nun Farang der Sache annehmen. Er sieht sich noch immer in der Schuld seines Mentors, dem General, und Imelda lockt im Gegenzug mit der finanziellen Unterstützung seines Projekts "junge Engel" für Prostituierte, sodass Farang kurzerhand zusagt.
Mit der Unterstützung seiner Freunde und Sports Bar Betreiber Bobby Quinn und Tony Rojana und der griechischen Diplomatin Thea kommt Farang dem Falken, wie sie den Täter in Anlehnung and die Episteln nennen, langsam auf die Spur und folgt ihm bis nach Griechenland.
"Man muss wissen, wann es Zeit ist, aufzuhören."
"Danke für den Ratschlag. Soweit ich weiß, habe ich es gewusst und getan."
"Aber jetzt wirst du rückfällig."
Wo Tony Recht hatte, da hatte er Recht. Aber es sah ganz danach aus, als ob Frank trotzdem nicht um ein Comeback herumkam. Nicht, dass er sich danach gesehnt hätte. Sich gleich Sorgen um sein Leben zu machen, das hielt er dann doch für ein wenig überzogen. Seine Talente konnten begrenzt sein, aber was den unerwünschten Auftrag anging, verfügte er immer noch über zwei herausragende Fähigkeiten. (...) Er konnte das Risiko, dem er sich aussetzte, realistisch abwägen. Agierte der Gegner im Schutz der Herde, war Farang der geborene Wolf. War der Feind selbst der Wolf, so nutzte der Eurasier die Herde als Deckung.
Farang Meyer ist zurück! Und der Leser kann Plettenberg sehr dankbar für dieses Comeback sein. Nach "Farang" und "Berlin Fidschitown" ist das der dritte Auftritt von Farang mit dem Kriminalreporter Tony Rojana und der Tunnelratte Bobby Quinn. Erneut setzt jeder seine Stärken ein, dieses Mal mit der Unterstützung von der griechischen Diplomatin Thea, durch die Farang den entscheidenen Tipp auf das nächste Opfer erhält. Dort entwischt der Falke, sodass er ihm bis nach Griechenland folgt. Dort trifft Farang auf das ungleiche Freundespaar Erika und Louis, der das nächste Opfer auf der Liste des Falken ist.
In "Falken Jagen" geht es auch um Geschichte. Zu Beginn arbeitet die ehemalige Tunnelratte Bobby Qynn bei einem Besuch des Dokumentationszentrums in Thailand seine Kriegserfahrungen in My Lai auf.
Schnell wird auch das Motiv des Falken klar: Er sucht nach Überlebenden oder Kindern der deutschen Armee, die im zweiten Weltkrieg ebenfalls Kriegsverbrechen in Griechenland begangen hat. So ist es auch klar, dass Farang in Griechenland mit Erika und Louis durch die alten Tunnel und Bunker der Italiener streift. Denn Erika hat ein Familiengeheimnis, das gefunden werden will.
Den geschichtlichen Hintergrund verflechtet Blettenberg durch einen geschickten Erzählstil ein. Manchmal geht es temporeich und schnell zu, an anderen Stellen lässt er sich Zeit und erläutert Hintergrundgeschichte. Nicht nur das macht den Kriminalroman abwechslungsreich und spannend.
Ein weiterer Punkt, der mir sehr gefallen hat, war die Geschichte um den Falken. Ich persönlich finde das Einflechten der Tätergeschichte immer etwas kritisch. Oft wird dieser als ausgereifter Psychopath abgestempelt oder man soll mit ihm sympathisieren und Mitleid haben. Beides tue ich ungern, denn ich brauche nicht die Gedanken eines totalen Psychopathen zu lesen und auch mit einem Mörder kein Mitleid haben. Gerade das geschieht hier nicht. Blettenberg berichtet vom Täter und seinen Motiven, ohne dass er mit den Gefühlen des Lesers spielt. Natürlich kann man dem Falken nicht ganz neutral gegenübertreten - das kann man bei keiner Person - doch auch wenn man mal mit ihm sympathisiert oder in ihm den Killer sieht, bleibt er am Ende der Falke.
"Falken jagen" ist ein gut recherchierter und durchdachter Kriminalroman mit spannender Handlung und tollem Erzählstil, den ich gar nicht mehr aus der Hand geben wollte. Ein Buch, dass man nicht so schnell vergisst und dem man in Gedanken nachhängt.
Viktor Glass: Schüssler und die verschwundenen Mädchen
historischer Kriminalroman // Pendragon Verlag // 2018
296 Seiten // 13,- Euro // Klappenbroschüre
Der Chevauleger Augustin Hipp kommt zu Privatermittler Ludwig Schüssler und bittet ihn um Hilfe. Seine Verlobte Luise ist nicht zum vereinbarten Treffen erschienen und auch sonst unauffindbar. Auch wenn aufgrund der Industrialisierung viele Hausmädchen ihre Anstellung verlieren und einige den Freitod wählen, um ihre Familie nicht zu belasten, gehöre seine Verlobte nicht zu ihnen, immerhin wollten sie ja heiraten und er würde Tischler werden - da ist sich Augustin Hipp sicher.
Eher unwillig nimmt Ludwig Schüssler den Fall an, doch nachdem er erfolgreich einen Kaufhausdieb überführt hat, packt ihn doch das "Ermittlungsfieber". Mithilfe des unabhängigen Hausmädchen Caroline Geiger begibt er sich auf die Suche nach dem verschwundenen Mädchen. Schnell erkennen sie, dass Luise kein Einzelfall darstellt und weitere Hausmädchen in Augsburg vermisst werden. Ein merkwürdiges Detail vereint sie alle: Vor ihrem Verschwinden wurden alle Mädchen vom Künstler Eginald Berwagner gemalt. Ludwig Schüssler und Caroline Geiger gehen dem ganzen auf den Grund. Ihr Weg führt sie quer durch das Augsburg von 1890 und Umgebung.
Ludwig und Caroline sind ein sehr sympathisches, harmonierendes Ermittlerpaar. Während Schüssler es sich zum Beruf gemacht hat Kriminalfälle zu lösen, findet Caroline Geiger, die eigentlich Hausmädchen von 5 alten Klosterschwestern ist, erst Gefallen am Ermitteln, als sich ihre Wege treffen. Mit ihrer Neugierde und weiblichen Intuition kombiniert sie schnell und ist das perfekte Gegenstück zum überlegten Privatermittler. Dabei ist Caroline selbstbewusst und vor allem selbstbestimmend, so dass sie sich für keine Arbeit zu schade ist und auch kräftig mit anpackt.
Tatsächlich hat Viktor Glass sogar ein ganz bestimmtes Vorbild, wenn er über Caroline Geiger schreibt: Die Großmutter des Autors war eine der ersten Frauen mit Führerschein in Deutschland und leitete gemeinsam mit ihrem Mann das Familienunternehmen. Bei so einer Großmutter muss die Protagonistin unumgänglich eine intelligente Frau sein, die ihrer Zeit in so manchem voraus ist.
Neben den spannenden Ermittlungen gewährt Viktor Glass dem Leser immer wieder Einblicke in das Augsburg zur Zeit der Industrialisierung. Nach den Aufständen und der Revolution gibt es endlich das erste Deutsche Reich. Die südlichen Staaten sind von der Übernahme der Preußen nicht immer ganz überzeugt und es gibt viele kleine Hürden zu nehmen wie zum Beispiel die Änderung der Währung. Diese vielen kleinen Details arbeitet Glass geschickt ein und lässt den Leser wahrhaftig im Augsburg zur Zeit der Industrialisierung wandeln.
Schüssler und die verschwundenen Mädchen ist ein rasanter Kriminalroman mit einer spannenden und interessanten Hintergrundkulisse. Der Autor hat angekündigt bei guter Resonanz weitere Bücher mit dem hinreißenden Ermittlerpaar zu veröffentlichen. Wir würden uns auf ein Wiedersehen freuen!
Für die Rezensions-exemplare danken wir:
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