Direkt zum Hauptbereich

Irene Dische: Schwarz und Weiss

Roman // Hoffmann und Campe // 2017
496 Seiten // 26,00 Euro  // Hardcover mit Schutzumschlag 

Schwarz und Weiss ist ein Familiendrama, das in den 70er Jahren beginnt und sich in die 90er Jahre hineinzieht, ein Roman über Haltung und Mentalität der New Yorker Intellektuellen und der schwarzen Bevölkerung im Süden des Landes, ein Buch über Amerika.

Schwarz oder vielmehr farbig ist der Soldat Duke, weiss die Intellektuellentochter Lili. Lilis Eltern gehören zur führenden intellektuellen New Yorker Oberschicht. Der Vater ist Komponist, die Mutter schreibt intellektuell provokante Essays. Lili tut alles, um sich von den geisteswissenschaftlichen Werten und politischen Haltungen ihrer Eltern abzugrenzen. Lili ist sehr intelligent und macht ganz jung einen Chemieabschluss in Havard, arbeitet dann aber lieber als Krankenschwester und wird später ein berühmtes Supermodell. Sie lernt ihre große Liebe Duke in Afrika kennen.
Als Duke auf Urlaub von seinem Militärdienst in Vietnam Lili in New York besucht, wissen sie gleich, dass sie füreinander geschaffen sind. Duke ist ein großer friedliebender Mann, der bei der Armee als Trompeter eingesetzt wird, da er sich weigert auf Menschen zu schießen. Duke gewinnt gleich die Herzen von Lilis Eltern und New Yorks intellektueller Szene. Dank der richtigen Ärzte wird Duke dienstuntauglich geschrieben und heiratet Lili. Noch nie mit etwas so "oberschichtmäßigen" wie Wein in Berührung gekommen, hat Duke dennoch  den untrüglichen Geschmackssinn. Er findet schnell eine Anstellung in einer renommierten Weinhandlung, wird Experte und bekommt später sogar eine eigene Wein-Sendung im Fernsehen. Duke lernt schnell in New York zurecht zu kommen. Aber wenn er auch seine Familie und sein früheres Leben abgelegt zu haben scheint, weiss er von seiner "schwarzen Seele", die nicht so recht zu seinem jetzigen Leben passt.

Irene Dische lässt den Traum vom perfekten modernen amerikanischen Paar jedoch schnell zerplatzen. Lili scheint Duke wahnsinnig zu lieben, wird im Laufe der Jahre aber immer psychopathischer und gefährlich für Menschen und Tiere. Und auch die Intellektuellen New Yorks bekommen ihr Fett weg und die Ehe von Lilis Eltern wird immer mehr zu Farce. Lilis Vater stellt seine Vorliebe für junge Männer fest und Lilis Mutter verliert nicht nur journalistisch den Anschluss an die New Yorker Szene. Aber auch Dukes Familie besteht hauptsächlich aus schwarzen Soldatenschindern oder abgedrehten Frauen. Eigentlich sind alle Psychopathen und während Duke erst noch den einzig "Normalen" verkörpert, ändert sich das je mehr man über ihn erfährt.

Es scheint, als ob Irene Dische alle Klischees und  (Vor-)Urteile über Amerika zusammengesucht und auf ihre Protagonisten projiziert hat. Während das Buch am Anfang dank Disches tollem Schreibstil noch interessant, teilweise sogar amüsant zu lesen war, haben sich die letzten zwei Drittel sehr hingezogen. Denn während sich das  Familiendrama immer weiter ausgebreitete, war eigentlich schon längst alles gesagt.


Wir danken Hoffmann und Campe für das Rezensionsexemplar.








Kommentare

  1. Von Irene Dische habe ich vor gut 12 Jahren das Buch "Großmama packt aus" gelesen, es hat mir damals sehr gut gefallen. Ich will es jetzt mal wieder lesen, denn ich habe festgestellt, daß mir mache Bücher, von denen ich früher begeistert war, jetzt überhaupt nichts mehr sagen. Lg Uschi

    AntwortenLöschen

Kommentar veröffentlichen

Beliebte Posts aus diesem Blog

Ilinca Florian: Das zarte Bellen langer Nächte

Roman // Karl Rauch Verlag // 2020 160 Seiten // 20.00 Euro // gebunden mit Lesebändchen Das zarte Bellen langer Nächte ist ein typisches Buch über eine verlorenen Seele in der Großstadt Berlin und über das Erwachsenwerden. Nach ihrem Studienabschluss weiß Hannah nicht, wohin ihr Weg sie führt. Sie nimmt verschiedene Jobs an, um sich über Wasser zu halten, so arbeitet sie für das KaDeWe oder auch für Zalando bei der Rücknahme von Kleidungsstücken. Bei vor allem letzteren fand ich einen Eindruck in die Arbeitsweise spannend, doch auch dort hält es Hannah nicht lange. Sie ist in gewisser Weise rastlos, ohne hibbelig zu sein, verloren, ohne orientierungslos zu sein: Hannah ist weder traurig noch besonders glücklich. Sie denkt an früher, als sie oft alleine durch den Wald spazierte, der in der Nähe ihres Gymnasiums lag. Hat sie sich verändert? Überhaupt nicht. Seltsam, der Gedanke. Dass man immer der gleiche Mensch bleibt, es werden nur Jahre, Kleidung, ein wenig Schminke und eine g

Der Trubel des akademischen Lebens

ACADEMIA  ist ein statirischer Roman über die Welt der Universitäten und akademischen Weihen. Eve Braintree hat nach der Trennung von ihrem Freund ihre Professorenstelle an der Ostküste aufgegeben, um als Leiterin des Medienzentrums einer renommierten Universität im sonnigen Kalifornien ein neues Leben zu beginnen.  Karen Ruoff: ACADEMIA Roman // Originaltitel: Coming up Ruses Argument Verlag // 2021 // Übersetzt von Christa Schuenke Seiten 400 // 24,00 Euro // Gebunden mit Lesebändchen Als die Budgets der Universität drastisch gekürzt werden, lernt Eve schnell die Schattenseiten des Universitätslebens kennen: Hartley Kendall der Präsident der Universität ist der Prototyp des Machtpolitikers. Nach außen vertritt er zwar den strikten Sparkurs, verfolgt aber nur seine eigenen Reichtums und Machtinteressen. Denn Einfluß an der Universität und in dessen Stiftungsrat haben nur die Mitglieder und Förderer der U_S, was U_numschränkte S_eelenruhe bedeutet. Psychaterin und Hellseherin Anna Na

Andreas Lehmann: Schwarz auf Weiss

Wieder hat der Karl Rauch Verlag es geschafft mich bereits mit der Cover-Gestaltung zu überzeugen. Ich wünschte alle meine Bücher würden so aussehen! Karl Rauch Verlag // 2021 176 Seiten // 20,00 Euro // Hardcover Als Martin Oppenländer erkennt wie sinnlos und monoton seine Arbeit letztlich ist, will er nicht länger von ihr abhängig sein. Kurzerhand macht er sich selbstständig. Doch die erhoffte Freiheit stellt sich nicht ein als die Welt auf einmal still steht. Da keine Aufträge hereinkommen, bleibt er in der Abhängigkeit, doch dieses mal nicht von einem Arbeitgeber, sondern vom Staat. Sein Leben scheint komplett aus den Fugen geraten zu sein, ohne Alltag mit einem Job, den er nicht ausüben kann. In dieses Chaos hinein erreicht ihn ein Anruf aus der Vergangenheit - von einer Frau, an die er sich nicht mehr erinnern kann. Als Martin ihr dies gesteht, ist sie zunächst nicht sonderlich erbaut darüber. Trotzdem ruft sie wieder an. Und während er versucht ein Bild von dieser Frau zusammen