Orignial: The Rise and Fall of Great Powers, 2014 (Roman)
Aufstieg und Fall großer Mächte von Tom Rachman habe ich in der Buchhandlung gesehen und dem Titel nach zuerst für ein Wirtschaft- oder Geschichtsbuch gehalten. Nach der Kurzbeschreibung schien es ein Roman um ein Antiquariat in Wales zu sein. Eine schöne Geschichte, dachte ich, mit viel britischen Flair, Bier und netten skurrilen Typen. Ich kaufte das Buch im Glauben, das ideale Buch für eine entspannte Woche Urlaub am Meer gefunden zu haben. Doch der Roman war ganz anders als gedacht.
Tooly zieht mit ihrem introvertierten Vater Paul, ein Spezialist für Sicherheits-Softwäre, um die Welt. Sie sind von Zuhause weggegangen, da ihre Mutter Sarah Tooly schon als Säugling vernachlässigt hatte. Sie bleiben in jeder Stadt nur ein Jahr, aber durch einen Tipp kann Sarah ihre 10 Jährige Tochter finden und entführt sie sozusagen in ihre Welt. Dort begegnet sie Humphrey und Venn, Freunde ihrer Mutter. Sie bestimmen fortan die Welt der jungen Tooly.
Venn distanziert sich innerlich von allem, doch Tooly verherrlicht den mit allen Wassern gewaschenen Mann und sieht ihn als moderen Robin Hood, ein Rächer des Guten mit einem kriminellen Anstrich. Humphrey, ein angeblicher Exilrusse, begnadeter Schachspieler und Literat, wird zum Kindermädchen und neuen Vaterersatz. Sarah hingegen taucht nur ab und zu auf und verschwindet dann unerwartet wieder.
An Toolys 21. Geburtstag endet der Spuk und sie findet sich allein mit Humphrey in New York in einer Bruchbude wieder. Auch die von ihrer Seite aus lose Beziehung zu Duncan, einem Rechtsstudenten, ist gescheitert und sie schließt mit ihren bisherigen Leben ab. Sie zieht sich in ein Antiquariat in Wales zurück.
Die Geschichte wird in Rückblenden erzählt, während Tooly in der Jetztzeit zu dem schwer erkrankten Humphrey nach New York fliegt. Sie macht sich auf die Suche nach der Wahrheit in ihrer Lebensgeschichte und sucht nach alten Vertrauten, die Licht ins Dunkel bringen sollen.
Am Anfang empfindet man Mitleid mit Tooly und ihren unkonventionellem Leben. Später verzweifelt man an Toolys Langmut und fragt sich, wann sie endlich ihr Leben in die Hand nimmt und sich ihrer emotionalen Abhängigkeit von Venn lösen wird. Zu diesem Zeitpunkt entwickelt sich eine Hass-Liebe zu den Figuren des Buches, mit denen man sich eigentlich nicht identifizieren möchte, deren Schicksal einen aber doch bewegt. Insgeheim aber wartet man auf das große Show Down, die glückliche Auflösung aller Verwicklungen. Den Moment, an dem sich Humphrey vielleicht als verkappter Geheimagent, Venn als unglücklich Liebender oder Sarah als tiefgründige Mutter erweist.
Leider ist die Auflösung banal: kaputte Typen, kleingeistiger Betrug und viele Illusionen, um der armseligen Wahrheit nicht ins Auge sehen zu müssen. Enttäuschend für Tooly und für den Leser, aber genial vom Autor. Es ist doch nur der Aufstieg und Fall für irrtümlich, von einer 10 jährigen, für große Mächte gehaltenen. Tom Rachmann ist eine gute Geschichte gelungen, die zeigt wie faszinierend, frustierend und letztendlich doch banal das Leben ist.
dtv, 2016; aus dem Englischen von Bernhard Robben
Seiten 491, 11,90€
Gelesen vom Denker
Tooly zieht mit ihrem introvertierten Vater Paul, ein Spezialist für Sicherheits-Softwäre, um die Welt. Sie sind von Zuhause weggegangen, da ihre Mutter Sarah Tooly schon als Säugling vernachlässigt hatte. Sie bleiben in jeder Stadt nur ein Jahr, aber durch einen Tipp kann Sarah ihre 10 Jährige Tochter finden und entführt sie sozusagen in ihre Welt. Dort begegnet sie Humphrey und Venn, Freunde ihrer Mutter. Sie bestimmen fortan die Welt der jungen Tooly.
Venn distanziert sich innerlich von allem, doch Tooly verherrlicht den mit allen Wassern gewaschenen Mann und sieht ihn als moderen Robin Hood, ein Rächer des Guten mit einem kriminellen Anstrich. Humphrey, ein angeblicher Exilrusse, begnadeter Schachspieler und Literat, wird zum Kindermädchen und neuen Vaterersatz. Sarah hingegen taucht nur ab und zu auf und verschwindet dann unerwartet wieder.
An Toolys 21. Geburtstag endet der Spuk und sie findet sich allein mit Humphrey in New York in einer Bruchbude wieder. Auch die von ihrer Seite aus lose Beziehung zu Duncan, einem Rechtsstudenten, ist gescheitert und sie schließt mit ihren bisherigen Leben ab. Sie zieht sich in ein Antiquariat in Wales zurück.
Die Geschichte wird in Rückblenden erzählt, während Tooly in der Jetztzeit zu dem schwer erkrankten Humphrey nach New York fliegt. Sie macht sich auf die Suche nach der Wahrheit in ihrer Lebensgeschichte und sucht nach alten Vertrauten, die Licht ins Dunkel bringen sollen.
Am Anfang empfindet man Mitleid mit Tooly und ihren unkonventionellem Leben. Später verzweifelt man an Toolys Langmut und fragt sich, wann sie endlich ihr Leben in die Hand nimmt und sich ihrer emotionalen Abhängigkeit von Venn lösen wird. Zu diesem Zeitpunkt entwickelt sich eine Hass-Liebe zu den Figuren des Buches, mit denen man sich eigentlich nicht identifizieren möchte, deren Schicksal einen aber doch bewegt. Insgeheim aber wartet man auf das große Show Down, die glückliche Auflösung aller Verwicklungen. Den Moment, an dem sich Humphrey vielleicht als verkappter Geheimagent, Venn als unglücklich Liebender oder Sarah als tiefgründige Mutter erweist.
Leider ist die Auflösung banal: kaputte Typen, kleingeistiger Betrug und viele Illusionen, um der armseligen Wahrheit nicht ins Auge sehen zu müssen. Enttäuschend für Tooly und für den Leser, aber genial vom Autor. Es ist doch nur der Aufstieg und Fall für irrtümlich, von einer 10 jährigen, für große Mächte gehaltenen. Tom Rachmann ist eine gute Geschichte gelungen, die zeigt wie faszinierend, frustierend und letztendlich doch banal das Leben ist.
dtv, 2016; aus dem Englischen von Bernhard Robben
Seiten 491, 11,90€
Gelesen vom Denker
Kommentare
Kommentar veröffentlichen