4.-9.1.2018
Eine Baumschule reiht sich an die andere, zu beiden Seiten der zweispurigen Straße, die durch mehrere Dörfer Richtung Osten führt, haben Gärtnereien ihre Waren aufgestellt, blühende Wände, junge Obstbäume, Ziersträucher, Palmen, deren Wurzelstöcke in Plastikfolien stecken, in Autoreifen oder manchmal doch auch in Plastiktöpfen.
Die Dörfer selbst sind austauschbar wie die Städte; eingeschossige Häuser, unten der Laden, oben die Wohnung der Besitzer, manche Bauten noch aus Teakholz. Der Beton wird in diesem Klima schnell schwarz, weshalb alle Städte relativ ungepflegt wirken ohne es wirklich zu sein. Wer das erste Mal überland in Hinterindien unterwegs ist, wird vermutlich die überfüllten Straßen, den Lärm, den Smog, die dicken Kabelstränge an den Häuserreihen entlang, die häßlichen Bauten abschreckend finden und sich fragen, warum er wegen der Tempelbezirke oder landschaftlichen Highlights überhaupt hierher gefahren ist. Aber jedes dieser sehr unterschiedlichen Länder bezaubert! Jedes hat ganz eigene Schönheiten, und jedes überwältigt mit dem Charme seiner Bewohner.
Thais sind ganz besonders freundlich. Das bedeutet nicht, dass sie alles für den Fremden tun, sie bemühen sich wirklich. Im schlimmsten Fall sagen sie „vielleicht“, ein Nein wird es nicht geben.
Die Tiefebene, in der Bangkok liegt, wird im Norden und Osten von einer weit geschwungenen Bergkette abrupt begrenzt. Eine der wichtigsten Fernstraßen des Landes folgt am Fuß der Felsflanken dem Gebirgsstock. Im Westen führt nur eine Straße führt hinauf, direkt in den ersten Nationalpark. (An den waldigen Hängen reihen sich die Parks aneinander).
Man zahlt die Maut bereits unten vor der ersten Steigung. Das Besucherzentrum befindet sich nach gut 30 Kilometern oben auf der Paßhöhe. Auf der kurvigen Straße liegen immer wieder riesige Haufen Elefantendung, umtanzt von weißen und braunen riesigen Schmetterlingen. Im Park leben noch an die 300 wilde asiatische Elefanten neben Wildhunden, Wildschweinen, Hirschen und Affenhorden. Angeblich ist es auch noch Rückzugsort des Tigers, aber seit Jahren berichtet kein Ranger mehr von einer belegten Sichtung.
Thais wandern ungern. Dafür essen sie gern und gut. Wer einsames Gehen liebt, muss daher nur wenige Meter von den Wasserfällen (die meist umlagert sind, weil sich Liebespärchen hier gern fotografieren) und Restaurants und Parkplätzen weg. Die meisten Trails sollte man mit Führer gehen, denn es gibt fast keine markierten Wege, dafür aber viele Trampelpfade von Elefanten und Wildschweinen.
Der Wald ist ein Sekundärwald, ca. 200 bis 250 Jahre alt. Davor muss bereits ein Wald hier gestanden sein, man vermutet, dass ein Riesenfeuer den Primärwald vernichtet hat. Trotzdem ist die Vielfalt umwerfend. Das Gelände ist steil und zerklüftet, an den Kämmen entlang hat man jedoch Lichtungen und zwei Teiche angelegt. Über die Straße führen in den Baumkronen immer wieder verankerte Seile und Tauleitern, damit die Affenhorden gesichert queren können. Allerdings scheint es vielen mehr Spaß zu machen, mitsamt ihren Kleinen die Straße entlang zu laufen, sich immer wieder hinzusetzen und zu beobachten, wie die Autos langsam um sie herum kurven. Das erinnert natürlich an die Hunde, die überall in diesem Land auf den Straßen liegen oder an die Tempelaffen, die auf die Gaben der Gläubigen spitzen. Man vergisst dann vielleicht, dass es sich hier um Wildtiere handelt.
Die Ranger versuchen, Besucher und Tiere zu trennen; Das geht schwer im Umkreis des Visitor Centers, wo es auch die Restaurants gibt. Ich werde nie den Hirsch vergessen, der sich sehr gemächlich heranpirschte, während ich eine zerstückelte Ananas aß. Ich hatte ihn zuerst auf der Wiese vor der überdachten Terrasse gesehen, dann aber aus den Augen verloren. Gerade spießte ich wieder ein Stück Obst auf, als sich plötzlich ein großer haariger Kopf über meine Schulter schob! Ich streckte den rechten Arm aus und schob die linke Hand zwischen seine und meine Wange und drückte mit aller Kraft dagegen. Rundherum lachten die Thais. Es muss sehr lustig ausgesehen haben. (Und wie stark so ein Kopf sein kann!!!) Aber erst als einer der Rangers laut brüllend dahergerannt kam, zog sich der Hirsch zurück. Offensichtlich ist er mittlerweile ein Ärgernis, allerdings sehr schön anzusehen!
Die Wanderungen, die leicht vom Gelände her waren, waren wunderschön, allerdings Schweiß treibend, denn in der Früh ist es zwar angenehm kühl bei 22 Grad, aber zu Mittag hatten wir schon 30 Grad. Wenn man keine Trails aussucht, auf denen man moorige Strecken überqueren oder durch Sumpfwasser muss, braucht man auch keinen Schutz vor Blutegeln. Die Bäche und Teiche haben Niedrigstand, jetzt ist Trockenzeit, die in den kommenden Wochen noch trockener wird.
Wer Wasserfälle, Wildblumen, irre Schlingpflanzen und wunderschöne alte Bäume liebt, ist hier auch glücklich, wenn er keine größeren Tiere sieht. Wir hatten allerdings das Glück, am zweiten Tag bei der Fahrt hinunter plötzlich einem Elefanten zu begegnen, der aus dem dichten Unterholz hervorbrach und langsam die Straße querte, um auf der anderen Seite zu fressen.
Es gibt Regeln, die man befolgen sollte: kein Aussteigen, kein Abstellen des Motors. Bullen können gereizt reagieren. Am liebsten ist es den Rangern, wenn man einfach sehr langsam vorbeirollt.
Es war ein wunderschönes Tier mit diesen hübschen, rosa gefleckten Ohren, wie sie ihre Artgenossen in Afrika nicht haben. Ich fühlte mich einfach glücklich über diese zufällige Begegnung.
Bevor wir die Gegend verließen, stand noch eine Blumenausstellung auf dem Programm. Thais lieben Blumenshows – und ich bin, ich gestehe es, ein Gartenfreak.
Auf speziell angelegten Flächen werden jedes Jahr zu neuen Themen Gärtner eingeladen, ähnlich wie bei uns. Allerdings ist der Kitschfaktor hier nicht zu unterschätzen. Es gibt großartige Arrangements, aber auch viele viele Comicfiguren, Teddybären (in rosa!), die bis zu 10 Meter hoch sein können, Kristalluster, Louis IV. Möbel mit Mickeymäusen, auf und mit denen die Thais posieren. Es macht soviel Spaß, sie zu beobachten und meist landet man dann in einer Gruppe, die Selfies mit den „langen Weißen“ schießt.
Unser Weg führte uns die Straße in der Tiefebene weiter Richtung Osten, folgte einer gedachten Linie von Bangkok nach Angkor Wat. Wir wollten knapp vor der Grenze nach links in den Norden abbiegen, hinauf in das Hochland, den Issan, um uns dort nochmals einige Tempel aus der Khmerzeit anzuschauen, die uns schon vor einigen Jahren beeindruckt hatten.
Die Khmer scheinen das gesamte Gebiet um 1100 kontrolliert zu haben. Städte und riesige Tempel wurden erbaut, bevor alles gegen 1500 dem Verfall presigegeben wurde. Die Wiederbesiedlung durch Thais erfolgte vor ca. 250 Jahren.
Gerade wird die Zuckerrohrernte eingebracht, auf den braunen abgeernteten Reisfeldern weiden Büffel und Kühe. Die ersten leuchtend grünen Reissaaten werden in mühsamer Kleinarbeit eingesetzt. Auf den Märkten finden sich auch Maulbeeren, sicheres Anzeichen für eine Seidenindustrie. Manche Dörfer haben sich zusammengeschlossen, von der Raupenpflege über die Kokonkocherei, Spinnerei bis zur Weberei wird alles vor Ort gemacht. Die Preise liegen nur unwesentlich unter den Preisen in den Geschäften Nangkoks, denn die Seidenherstellung wird vom Staat kontrolliert und gestützt, um die alten Mustertraditionen nicht zu verlieren.
Hier sehe ich auch zum ersten Mal in all den Jahren eine uralte Frau in der früheren Tracht der Landbevölkerung: dem schmalen Rock, der knapp unter der Brust geschnürt wird. Im breitenBund ist ein Versteck für Geld. Nur das Muster unterscheidet die Modelle für Mann und Frau. Früher trug man nichts sonst. Das tat auch diese alte Frau nicht, während ihre Enkelin in Jeans und Top mit Handy neben ihr saß.
Je weiter nördlich wir bummeln, desto weniger Englisch wird gesprochen. Aber überall wird weitergeholfen, werden wir überredet, dies und das zu kosten (und fast alles schmeckt großartig!), wird geplaudert, auch wenn wir einander nicht wirklich verstehen. Das allgemeine Tempo ist langsam und langsam gleichen wir uns an. Selbst ein Umweg, der uns eine Stunde länger über winzige Dörfer tief ins Bergige hinein führte, wurde zu einem spaßigen Ritt zwischen Schlaglöchern und an furiosen Hühnern mit ihrer Kükenschar vorbei. Und dann waren wir plötzlich in Nakhon Phanom, einem verschlafenen Grenzstädtchen am Mekong und sahen in der Abenddämmerung die bezaubernde und typische Silhouette der laotischen Berge hier wieder.
Ich liebe den Mekong, egal wo ich das Glück habe, wieder auf ihn zu treffen. Er ist ein faszinierender Fluß. Hier war ich noch nie. Hier werden wir ein paar Tage bleiben, Menschen beobachten, Bücher lesen, Tempel besuchen und dann sehr langsam am Thaiufer entlang bummeln, dem weiten Bogen des Stromes folgen, bis uns die zerrissenen Gebirgszüge im Norden des Issan wieder weg vom Fluss treiben. Doch davon erzähle ich erst in ein paar Tagen.......
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