Roman // Original: A brighter Sun // 1952
dtv Literatur // DE 2019// Aus dem Englischen von Miriam Mandelkow // Mit einem Nachwort von Sigrid Löffler
Hardcover // 256 Seiten // 22,00 Euro
Liebe Bücherbegeisterte,
von Samuel Selvon durfte ich euch schon Die Taugenichtse vorstellen, indem er von der Generation Windrush und dem Leben im London berichtete. Eine hellere Sonne liegt zeitlich davor und erzählt vom Leben in Trinidad während des 2. Weltkrieges. Eigentlich bekommen der Protagonist Tiger und seine Freunde gar nicht soviel davon mit, aber mit den Amerikanern kommt Arbeit im Straßenbau und auf ihren Stützpunkten.
Tiger ist ein junger Inder aus den Chaguanas, einem Zuckerrohrgebiet auf halber Höhe der Westküste. Obwohl erst Sechszehn muss er schon die noch jüngere Urmilla heiraten, um mit ihr in eine Hütte in das Dorf Barataria östlich der Hauptstadt Port of Spain zu ziehen und das kleine Feld zu beackern. Während die meisten Inder in ihren restgedeckten Hütten wohnen, gehen die Betonbungalows an Mittelschichtenfamilien diverser Nationen.
"Das Dorf war kosmopolitisch wie eine Stadt. Inder und Schwarze waren in der Mehrheit. ... Die Schwarzen waren keine Bauern, die meisten verrichteten Gelegenheitsarbeiten im Dorf oder in der Stadt."
Tigers Nachbar ist Joe Martin, ein Schwarzer, der es geschafft hatte Port Spain zu verlassen und mit seiner kreolischen Frau Rita in einem Bachsteinhaus wohnt und für die Amerikaner arbeitet. Dann kommen die Chinesen und eröffnen Läden und Wäschereien. Während alle Amerikaner "Joes" und Inder "Ram" oder "Singh" genannt werden, sind die Chinesen die "Chins".
Doch der Chinese "Tall Boy" ist anders: "Er hatte beinahe westliche Gesichtszüge, keine schmale Augen und sprach Englisch wie andere Leute aus der Arbeiterklasse, auch wenn er kaum lesen konnte". Tall Boy ist sehr ehrgeizig und eröffnet einen Laden und eine Bar und ist mit seinem Gewinn zufrieden, da er einiges davon nach China schicken kann. Und dann gibt es noch Boysie und Sookdeo und viele andere, von denen Samuel Selvon erzählt.
Aber Tiger ist anderes. Obwohl noch sehr jung und traditionell erzogen, besonders was die Idee er Minderwertigkeit von Frauen angeht, stellt Tiger Fragen, möchte mehr über das Funktionieren der Welt erfahren und lernt schließlich sogar lesen.
"Damals war er ein Junge. Und jetzt war er - was? Ein Mann? Vielleicht, aber nicht so einer wie Joe Martin oder Boysie oder irgendeiner von den anderen. Die waren zufrieden, er nicht. Er dachte daran, wie er vorgehabt hatte, seine erste Ernte für Wissen zu verkaufen, an eine unbekannte Macht. Was für eine Verschwendung von Tomaten, Okra und Salat das gewesen wäre. Denn jetzt wußte er, wie man es anstellte, Wissen zu erwerben. Und die Macht - na, die war doch überall, er spürte wie es in der Erde pochte, in der Luft summte, im Nachtwind wehte, sich durch den Sumpf schlich. Die Macht war umsonst, man brauchte sie bloß einzuatmen."
Wie schon für Die Taugenichtse hat Sigrid Löffler ein ausführliches Nachwort geschrieben, indem sie Samuel Selvon als einen Pionier der postkolonialen Weltliteratur und einen höchst unterhaltsamen Erzähler bezeichnet. Daran kann ich mich nur anschließen.
Wir danken dem dtv Verlag für das Rezensionsexemplar.
dtv Literatur // DE 2019// Aus dem Englischen von Miriam Mandelkow // Mit einem Nachwort von Sigrid Löffler
Hardcover // 256 Seiten // 22,00 Euro
Liebe Bücherbegeisterte,
von Samuel Selvon durfte ich euch schon Die Taugenichtse vorstellen, indem er von der Generation Windrush und dem Leben im London berichtete. Eine hellere Sonne liegt zeitlich davor und erzählt vom Leben in Trinidad während des 2. Weltkrieges. Eigentlich bekommen der Protagonist Tiger und seine Freunde gar nicht soviel davon mit, aber mit den Amerikanern kommt Arbeit im Straßenbau und auf ihren Stützpunkten.
Tiger ist ein junger Inder aus den Chaguanas, einem Zuckerrohrgebiet auf halber Höhe der Westküste. Obwohl erst Sechszehn muss er schon die noch jüngere Urmilla heiraten, um mit ihr in eine Hütte in das Dorf Barataria östlich der Hauptstadt Port of Spain zu ziehen und das kleine Feld zu beackern. Während die meisten Inder in ihren restgedeckten Hütten wohnen, gehen die Betonbungalows an Mittelschichtenfamilien diverser Nationen.
"Das Dorf war kosmopolitisch wie eine Stadt. Inder und Schwarze waren in der Mehrheit. ... Die Schwarzen waren keine Bauern, die meisten verrichteten Gelegenheitsarbeiten im Dorf oder in der Stadt."
Tigers Nachbar ist Joe Martin, ein Schwarzer, der es geschafft hatte Port Spain zu verlassen und mit seiner kreolischen Frau Rita in einem Bachsteinhaus wohnt und für die Amerikaner arbeitet. Dann kommen die Chinesen und eröffnen Läden und Wäschereien. Während alle Amerikaner "Joes" und Inder "Ram" oder "Singh" genannt werden, sind die Chinesen die "Chins".
Doch der Chinese "Tall Boy" ist anders: "Er hatte beinahe westliche Gesichtszüge, keine schmale Augen und sprach Englisch wie andere Leute aus der Arbeiterklasse, auch wenn er kaum lesen konnte". Tall Boy ist sehr ehrgeizig und eröffnet einen Laden und eine Bar und ist mit seinem Gewinn zufrieden, da er einiges davon nach China schicken kann. Und dann gibt es noch Boysie und Sookdeo und viele andere, von denen Samuel Selvon erzählt.
Aber Tiger ist anderes. Obwohl noch sehr jung und traditionell erzogen, besonders was die Idee er Minderwertigkeit von Frauen angeht, stellt Tiger Fragen, möchte mehr über das Funktionieren der Welt erfahren und lernt schließlich sogar lesen.
"Damals war er ein Junge. Und jetzt war er - was? Ein Mann? Vielleicht, aber nicht so einer wie Joe Martin oder Boysie oder irgendeiner von den anderen. Die waren zufrieden, er nicht. Er dachte daran, wie er vorgehabt hatte, seine erste Ernte für Wissen zu verkaufen, an eine unbekannte Macht. Was für eine Verschwendung von Tomaten, Okra und Salat das gewesen wäre. Denn jetzt wußte er, wie man es anstellte, Wissen zu erwerben. Und die Macht - na, die war doch überall, er spürte wie es in der Erde pochte, in der Luft summte, im Nachtwind wehte, sich durch den Sumpf schlich. Die Macht war umsonst, man brauchte sie bloß einzuatmen."
Wie schon für Die Taugenichtse hat Sigrid Löffler ein ausführliches Nachwort geschrieben, indem sie Samuel Selvon als einen Pionier der postkolonialen Weltliteratur und einen höchst unterhaltsamen Erzähler bezeichnet. Daran kann ich mich nur anschließen.
Wir danken dem dtv Verlag für das Rezensionsexemplar.
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