Haymon // 2018
208 Seiten // 20,00 Euro // Gebunden mit Schutzumschlag
Der Untertitel "Eine lebenslange Liebe" trifft es genau: Schon Michael Köhlmeiers märchenerzählende Großmutter weckt mit ihrer speziellen und lakonischen Erzählweise seine Liebe zum Märchen. Diese Leidensschaft verfolgt und schürt Köhlmeier sein Leben lang, denn "Märchen sind die Primzahlen der Literatur".
Er schreibt davon, wie wir vorgehen, wenn wir Märchen deuten, die im Gegensatz zu Mythen und Sagen auf nichts anderes verweisen als auf sich selbst. Das macht die Deutung so schwer: "Wir zwingen der Geschichte eine Deutung auf, und das wissen wir. Das Märchen selbst bereitet uns dafür keine Anhaltspunkte".
Und darum deutet Köhlmeier sein erstes von der Großmutter erzähltes Märchen vom "Herr Korbes" von den Brüdern Grimm nicht, sondern erzählt es seinem Freund einfach als eine Art Fortsetzung-Märchen weiter. Dabei lässt er in jeder Folge eines der im Märchen vorkommenden Tiere und Gegenstände den Tod finden: "Der Märchenkranz ist geschlossen, wenn der Letzte der Bande stirbt".
Doch sein geschichtsbegeisterter Vater hält nichts von Märchen. Während er geschichtliche Ereignisse und Personen liebt, sind ihm Märchen nicht geheuer. Vielleicht auch weil nach Köhlmeier das Märchen ein Konjunktiv ist: "Im Konjunktiv ist alles möglich, der Konjunktiv macht alles möglich, er ist die Möglichkeitsform. Wo aber alles möglich ist, ist auch alles unberechenbar."
Und so erzählt Köhlmeier die Geschichte des Märchens, beginnend mit den Brüdern Grimm, deren Idee es war, dass Volksmärchen ihren geheimnisvollen Ursprung in den Tiefen der Volksseele haben. Von der Stellung des Märchens in der Romantik und von Achim von Arnims und Clemens Brentanos Liedersammlung "Des Knaben Wunderhorn". Vom Pentameron des neapolitanischen Märchensammlers und Dichters Giambattista Basile. Wie ihn Schillers Essay "Über naive Kunst und sentimentale Dichtung" als zwanzigjähriger "Eine Wunde gerissen hat, da es jedem angehendem Schriftsteller und Dichter einen Minderwertigkeitskomplex einflößt. Und von der Bedeutung des Märchens für viele berühmte Denker und Schriftsteller wie z.B. Goethe, Proust, Thomas Mann, Karl Marx oder Heinrich Heine.
Köhlmeier deckt den Missbrauch des Märchens als erzieherisches Instrument auf und zeigt wie der Ruf der "Volkskunde" und damit der des Märchens in der Hitlerzeit beschädigt wurde. Aber am Ende bleibt die eigentliche Frage, für den Erzähler und für den Leser: "Ist die Geschichte gut oder nicht?".
Michael Köhlmeier gelingt es hervorragend, dem Leser das Rätselhafte im Märchen nahezubringen. Ich habe als Kind Märchen geliebt. Egal, ob sie mir vorgelesen oder erzählt wurden oder, ob ich sie später selber las. Mit neuer Begeisterung habe ich dann meinen Kindern Märchen vorgelesen oder wir haben sie auf Kassetten gehört und auch als schöne Verfilmungen gesehen. Märchen sind eben zeitlos und passen immer, was Michael Köhlmeier in seinem Buch eindrucksvoll zeigt.
Mit Von den Märchen. Eine lebenslange Liebe beginnt der Haymon Verlag seine neue Serie Haymon schwärmt und ich bin schon sehr gespannt, welches Buch als Nächstes folgt.
208 Seiten // 20,00 Euro // Gebunden mit Schutzumschlag
© https://www.haymonverlag.at/wp-content/uploads/2018/01/3423-700x1036.jpg |
Er schreibt davon, wie wir vorgehen, wenn wir Märchen deuten, die im Gegensatz zu Mythen und Sagen auf nichts anderes verweisen als auf sich selbst. Das macht die Deutung so schwer: "Wir zwingen der Geschichte eine Deutung auf, und das wissen wir. Das Märchen selbst bereitet uns dafür keine Anhaltspunkte".
Und darum deutet Köhlmeier sein erstes von der Großmutter erzähltes Märchen vom "Herr Korbes" von den Brüdern Grimm nicht, sondern erzählt es seinem Freund einfach als eine Art Fortsetzung-Märchen weiter. Dabei lässt er in jeder Folge eines der im Märchen vorkommenden Tiere und Gegenstände den Tod finden: "Der Märchenkranz ist geschlossen, wenn der Letzte der Bande stirbt".
Doch sein geschichtsbegeisterter Vater hält nichts von Märchen. Während er geschichtliche Ereignisse und Personen liebt, sind ihm Märchen nicht geheuer. Vielleicht auch weil nach Köhlmeier das Märchen ein Konjunktiv ist: "Im Konjunktiv ist alles möglich, der Konjunktiv macht alles möglich, er ist die Möglichkeitsform. Wo aber alles möglich ist, ist auch alles unberechenbar."
Und so erzählt Köhlmeier die Geschichte des Märchens, beginnend mit den Brüdern Grimm, deren Idee es war, dass Volksmärchen ihren geheimnisvollen Ursprung in den Tiefen der Volksseele haben. Von der Stellung des Märchens in der Romantik und von Achim von Arnims und Clemens Brentanos Liedersammlung "Des Knaben Wunderhorn". Vom Pentameron des neapolitanischen Märchensammlers und Dichters Giambattista Basile. Wie ihn Schillers Essay "Über naive Kunst und sentimentale Dichtung" als zwanzigjähriger "Eine Wunde gerissen hat, da es jedem angehendem Schriftsteller und Dichter einen Minderwertigkeitskomplex einflößt. Und von der Bedeutung des Märchens für viele berühmte Denker und Schriftsteller wie z.B. Goethe, Proust, Thomas Mann, Karl Marx oder Heinrich Heine.
Köhlmeier deckt den Missbrauch des Märchens als erzieherisches Instrument auf und zeigt wie der Ruf der "Volkskunde" und damit der des Märchens in der Hitlerzeit beschädigt wurde. Aber am Ende bleibt die eigentliche Frage, für den Erzähler und für den Leser: "Ist die Geschichte gut oder nicht?".
Michael Köhlmeier gelingt es hervorragend, dem Leser das Rätselhafte im Märchen nahezubringen. Ich habe als Kind Märchen geliebt. Egal, ob sie mir vorgelesen oder erzählt wurden oder, ob ich sie später selber las. Mit neuer Begeisterung habe ich dann meinen Kindern Märchen vorgelesen oder wir haben sie auf Kassetten gehört und auch als schöne Verfilmungen gesehen. Märchen sind eben zeitlos und passen immer, was Michael Köhlmeier in seinem Buch eindrucksvoll zeigt.
Mit Von den Märchen. Eine lebenslange Liebe beginnt der Haymon Verlag seine neue Serie Haymon schwärmt und ich bin schon sehr gespannt, welches Buch als Nächstes folgt.
Für das Rezensions-exemplar danken wir:
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