Direkt zum Hauptbereich

What would Jane do?

Wenn ihr die Wahl hättet, mit welcher Autorin würdet ihr einen Tag verbringen wollen?

Diese Frage stürzt mich genauso in eine Sinnkrise wie die Frage nach meinem Lieblingsbuch oder meinen liebsten Autor:innen. In die enge Auswahl würden jedenfalls die Brontë-Schwestern und Jane Austen kommen. Denn wenn ihr mich fragt, was ich an Jane Austens Romanen mag, dann ist meine Antwort einfach: Ich mag alles.

Ich mag das Gefühl in einer anderen Zeit zu sein, ich mag es, die Protagonistinnen zu begleiten und mit ihnen auch schwere Zeiten durchzustehen. Ich mag sogar Mariannes Gefühlsausbrüche, wenn ihr Elinor eröffnet, dass sie die ganze Zeit von der geheimen Verlobung wusste. Statt wirklich mit ihrer Schwester mitzufühlen, macht sie sich Vorwürfe, wie sie, Marianne, so eine schlechte Schwester sein konnte! Bei dieser Szene amüsiere ich mich jedes Mal. Und was ich nicht verschweigen kann, ich liebe Jane Austens Männer. Angefangen mit Oberst Brandon, in der Verfilmung von 1995 verkörpert durch Alan Rickman, in den ich mich gerade auch wegen Alan Rickman unsterblich verliebt habe, über Edward Ferrars (1995, Hugh Grant) oder Mr Darcy (2005, Matthew Macfayden), sind Austens Männer meine Traummänner. Und auch in „Emma“ habe ich mich sofort wieder verliebt, in Mr. Knightley.

Jane Austen: Emma 
Original: Emma (1816) // Anaconda Verlag // 2019 
592 Seiten // Hardcover // Mit Illustrationen von Thomson Hugh

Emma hebt sich von den anderen Austen Romanen vor allem dadurch ab, dass Emma Woodhouse den Entschluss gefasst hat, niemals heiraten zu wollen. Eine Heirat würde bedeuten, dass sie ihren Vater verlassen müsse, was für sie unter keinen Umständen in Frage kommt. Stattdessen übt sich Emma darin, Hochzeiten anderer zu stiften. Mit ihrem ersten Erfolg beginnt nun auch die Handlung. Emmas Gouvernante, Miss Taylor, hat den wohlhabenden Kaufmann Mr. Weston geheiratet und die Familie Woodhouse verlassen, um in unmittelbarer Nähe mit ihrem Mann zu leben. Während Emma dies für ihren Erfolg hält, spricht ihr Vater, Mr. Woodhouse, den ganzen Roman über von „der armen Miss Taylor“, die sie hat verlassen müssen. Um eine dauerhafte Gesellschaft beraubt, sieht sich Emma nach ihrem nächsten „Projekt“ um, welches sie in dem Waisenmädchen Harriet Smith findet. Harriet, die die Mädchenschule des Dorfes besucht, ist ein junges Mädchen, deren Vater unbekannt ist. Emma ist sich jedoch sicher, dass der Vater ihrer neu gewonnenen Freundin ein Mann von hohem Ansehen sein muss. Dementsprechend darf Harriet unter keinen Umständen unter ihren Ansprüchen verheiratet werden.

Verwicklungen und Missverständnisse sind natürlich vorprogrammiert. Jane Austen soll angeblich gesagt haben, dass sie mit Emma einen Charakter schaffen würde, denn nur sie mögen würde. Das ist ihr jedoch nicht gelungen, denn ich liebe Emma. Auch wenn sie von sich selbst überzeugt ist, ist sie dies nie bösartig und sie ist sich selbst bewusst, dass nahezu alle Menschen in ihrer Umgebung eine zu hohe Meinung von ihr haben. Alle außer Mr. Knightley.

Wie immer bei Austen steckt in Emma auch sehr viel Satire und ein wenig Zynismus. Daher werden vor allem im englischen Sprachraum Austens Werke untersucht und Austen als erste Feministin gefeiert. Gerade den modernen Filmen, die ich so gerne sehe, wird eine Mitschuld daran gegeben, dass Austen für die meisten nur für „alte Liebesromanzen“ steht. 
Unabhängig davon, ob man sich dieser Meinung anschließt und Austen als eine Feministin liest oder ob man einfach einen guten Roman genießen möchte, gehört Jane Austen für mich zu den must-read Klassikern. Denn, dass Austen in ihren Romanen ihre Gesellschaft genau beobachtet und nachzeichnet, lässt sich nicht bestreiten. Daher sollte sie als Autorin auch ernst genommen werden und genauso ihre Werke.
Wie uns schon der Jane Austen Book Club beigebracht hat, werde ich mich demnächst häufiger fragen: What would Jane do? oder noch mehr: What would Emma do?

1    
 2 

Vorgelesen von 
    Gianna




 

Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

Ilinca Florian: Das zarte Bellen langer Nächte

Roman // Karl Rauch Verlag // 2020 160 Seiten // 20.00 Euro // gebunden mit Lesebändchen Das zarte Bellen langer Nächte ist ein typisches Buch über eine verlorenen Seele in der Großstadt Berlin und über das Erwachsenwerden. Nach ihrem Studienabschluss weiß Hannah nicht, wohin ihr Weg sie führt. Sie nimmt verschiedene Jobs an, um sich über Wasser zu halten, so arbeitet sie für das KaDeWe oder auch für Zalando bei der Rücknahme von Kleidungsstücken. Bei vor allem letzteren fand ich einen Eindruck in die Arbeitsweise spannend, doch auch dort hält es Hannah nicht lange. Sie ist in gewisser Weise rastlos, ohne hibbelig zu sein, verloren, ohne orientierungslos zu sein: Hannah ist weder traurig noch besonders glücklich. Sie denkt an früher, als sie oft alleine durch den Wald spazierte, der in der Nähe ihres Gymnasiums lag. Hat sie sich verändert? Überhaupt nicht. Seltsam, der Gedanke. Dass man immer der gleiche Mensch bleibt, es werden nur Jahre, Kleidung, ein wenig Schminke und eine g

Der Trubel des akademischen Lebens

ACADEMIA  ist ein statirischer Roman über die Welt der Universitäten und akademischen Weihen. Eve Braintree hat nach der Trennung von ihrem Freund ihre Professorenstelle an der Ostküste aufgegeben, um als Leiterin des Medienzentrums einer renommierten Universität im sonnigen Kalifornien ein neues Leben zu beginnen.  Karen Ruoff: ACADEMIA Roman // Originaltitel: Coming up Ruses Argument Verlag // 2021 // Übersetzt von Christa Schuenke Seiten 400 // 24,00 Euro // Gebunden mit Lesebändchen Als die Budgets der Universität drastisch gekürzt werden, lernt Eve schnell die Schattenseiten des Universitätslebens kennen: Hartley Kendall der Präsident der Universität ist der Prototyp des Machtpolitikers. Nach außen vertritt er zwar den strikten Sparkurs, verfolgt aber nur seine eigenen Reichtums und Machtinteressen. Denn Einfluß an der Universität und in dessen Stiftungsrat haben nur die Mitglieder und Förderer der U_S, was U_numschränkte S_eelenruhe bedeutet. Psychaterin und Hellseherin Anna Na

Andreas Lehmann: Schwarz auf Weiss

Wieder hat der Karl Rauch Verlag es geschafft mich bereits mit der Cover-Gestaltung zu überzeugen. Ich wünschte alle meine Bücher würden so aussehen! Karl Rauch Verlag // 2021 176 Seiten // 20,00 Euro // Hardcover Als Martin Oppenländer erkennt wie sinnlos und monoton seine Arbeit letztlich ist, will er nicht länger von ihr abhängig sein. Kurzerhand macht er sich selbstständig. Doch die erhoffte Freiheit stellt sich nicht ein als die Welt auf einmal still steht. Da keine Aufträge hereinkommen, bleibt er in der Abhängigkeit, doch dieses mal nicht von einem Arbeitgeber, sondern vom Staat. Sein Leben scheint komplett aus den Fugen geraten zu sein, ohne Alltag mit einem Job, den er nicht ausüben kann. In dieses Chaos hinein erreicht ihn ein Anruf aus der Vergangenheit - von einer Frau, an die er sich nicht mehr erinnern kann. Als Martin ihr dies gesteht, ist sie zunächst nicht sonderlich erbaut darüber. Trotzdem ruft sie wieder an. Und während er versucht ein Bild von dieser Frau zusammen