Original: A Short History of Tractors in Ukrainian, 2005
[Roman]
Nachdem Nadias Mutter vor zwei Jahren gestorben ist, hat sich ihr 84 jähriger Vater Kolja nun in eine 36 Ukrainerin verliebt. Valentina ist mit einem Touristenvisum nach England eingereist und will mit ihrem Sohn ein neues Leben im Westen beginnen: "ein schönes Leben mit einem gutem Job für gutes Geld und mit einem schönen Auto - auf gar keinem Fall ein Lada der ein Skoda - und mit einer guten Ausbildung für den Sohn, Oxford/Cambridge, mindestens".
Das selbst die ukrainische Gemeinde in Peterborough nichts mit Valentina zu tuen haben möchte, stört ihn nicht. Denn Valentina erinnert ihn an die Venus von Botticelli: goldenes Haar, wunderschöne Augen, fantastischer Busen.
Nadias Gefühle überstürzen sich. Natürlich will sie ihrem Vater sein Glück gönnen, da er nach dem Tot der Mutter so unglücklich war. Aber: die Mutter ist erst seit 2 Jahren tot und dann dieser Altersunterschied; der Vater führt sich auf wie ein liebestoller Jüngling, wie ein geiler alter Bock.
Da das Touristenvisum abzulaufen droht, versucht Kolja vergeblich einen Ehemann für Valentina zu finden. Schließlich beschließt er sie selbst zu heiraten, ein weiteres Leben in Ukraine erscheint ihm für Valentina unmöglich. Er muss sie vor all dem Schrecklichen dort retten.
Koljas Hartnäckigkeit in Sachen Heirat führt dazu, dass Nadia wieder Kontakt mit ihrer älteren Schwester Vera aufnimmt. Die beiden hatten sich über Erbschaftsangelegenheiten nach dem Tod der Mutter zerstritten und seitdem keinen Kontakt mehr gehabt. So haben die unterschiedlichen Schwestern wieder ein gemeinsames Ziel: den Vater vor Valentina retten. Es scheint fast zu gelingen , da Valentinas Visum abläuft und sie zurück in die Ukraine fahren muss. Kola überweist ihr jedoch Geld und als sie damit erneut als Touristin in England einreist heiratet der Vater sie.
Wie erwartet gibt es bald Stress, Kolja ist einfach zu alt und arm für Valentina, die sich ein anderes Leben im reichen England vorgestellt hat. Eine Scheidung kommt für Valentina natürlich nicht in Betracht. Aber es ist nicht alles schlecht, denn trotz des Stresses mit Valentina lebt der Vater sichtlich auf und beginnt die "Geschichte des ukrainischen Traktors" zu schreiben, die gleichzeitig auch eine Geschichte der Ukraine ist.
Dtv, 5. Auflage 2016, ins Deutsche von Elfi Hartenstein
Seiten 355, Euro 9,95
[Roman]
Nachdem Nadias Mutter vor zwei Jahren gestorben ist, hat sich ihr 84 jähriger Vater Kolja nun in eine 36 Ukrainerin verliebt. Valentina ist mit einem Touristenvisum nach England eingereist und will mit ihrem Sohn ein neues Leben im Westen beginnen: "ein schönes Leben mit einem gutem Job für gutes Geld und mit einem schönen Auto - auf gar keinem Fall ein Lada der ein Skoda - und mit einer guten Ausbildung für den Sohn, Oxford/Cambridge, mindestens".
Das selbst die ukrainische Gemeinde in Peterborough nichts mit Valentina zu tuen haben möchte, stört ihn nicht. Denn Valentina erinnert ihn an die Venus von Botticelli: goldenes Haar, wunderschöne Augen, fantastischer Busen.
Nadias Gefühle überstürzen sich. Natürlich will sie ihrem Vater sein Glück gönnen, da er nach dem Tot der Mutter so unglücklich war. Aber: die Mutter ist erst seit 2 Jahren tot und dann dieser Altersunterschied; der Vater führt sich auf wie ein liebestoller Jüngling, wie ein geiler alter Bock.
Da das Touristenvisum abzulaufen droht, versucht Kolja vergeblich einen Ehemann für Valentina zu finden. Schließlich beschließt er sie selbst zu heiraten, ein weiteres Leben in Ukraine erscheint ihm für Valentina unmöglich. Er muss sie vor all dem Schrecklichen dort retten.
Koljas Hartnäckigkeit in Sachen Heirat führt dazu, dass Nadia wieder Kontakt mit ihrer älteren Schwester Vera aufnimmt. Die beiden hatten sich über Erbschaftsangelegenheiten nach dem Tod der Mutter zerstritten und seitdem keinen Kontakt mehr gehabt. So haben die unterschiedlichen Schwestern wieder ein gemeinsames Ziel: den Vater vor Valentina retten. Es scheint fast zu gelingen , da Valentinas Visum abläuft und sie zurück in die Ukraine fahren muss. Kola überweist ihr jedoch Geld und als sie damit erneut als Touristin in England einreist heiratet der Vater sie.
Wie erwartet gibt es bald Stress, Kolja ist einfach zu alt und arm für Valentina, die sich ein anderes Leben im reichen England vorgestellt hat. Eine Scheidung kommt für Valentina natürlich nicht in Betracht. Aber es ist nicht alles schlecht, denn trotz des Stresses mit Valentina lebt der Vater sichtlich auf und beginnt die "Geschichte des ukrainischen Traktors" zu schreiben, die gleichzeitig auch eine Geschichte der Ukraine ist.
Gleichzeitig beginnt sich Nadia für ihre eigene Familiengeschichte zu interessieren. Die zehn Jahre ältere Vera, die ihrer kleinen Schwester immer nur die Geschichte von der glücklichen Familie erzählt hat, kennt aber auch noch die Geschichte vom Leben in der Ukraine und der Angst, in der Nacht von der Geheimpolizei mitgenommen zu werden. Dinge, von denen Nadia keine Ahnung hat, Erwachsenen-Geheimnisse, "über die man miteinander flüsterte, aber niemals laut sprach".
Mit Valentina bekommen die Dinge plötzlich ein anderes Gesicht und die Vergangenheit wird wieder lebendig: die ukrainische Herkunft der Eltern, ihr Schicksal unter Stalin und im Krieg. Und den Unterschied zwischen Vera, dem Kriegskind und Nadia, dem Friedenskind. Vera, die viel Wert auf Materielles und Status legt, und Nadias linksliberale Haltung, die am liebsten für alles Verständnis hätte. Und so wird auch Valentina nicht nur negativ dargestellt, sondern ein gewisses Verständnis für ihre Überlegungssorgen und Konsumwünsche schwingen mit.
Marina Lewycka schreibt über das ernste Thema Krieg und Einwanderung lakonisch, teilweise sogar komisch. Sie wurde nach dem 2. Weltkrieg als Kind ukrainischer Eltern in einem Flüchtlingslager in Kiel geboren und wuchs in England auf.
Marina Lewycka schreibt über das ernste Thema Krieg und Einwanderung lakonisch, teilweise sogar komisch. Sie wurde nach dem 2. Weltkrieg als Kind ukrainischer Eltern in einem Flüchtlingslager in Kiel geboren und wuchs in England auf.
Dtv, 5. Auflage 2016, ins Deutsche von Elfi Hartenstein
Seiten 355, Euro 9,95
Für das Rezensionsexemplar danken wir: