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Wiederentdeckt: Wilhelm Raabe

Hallo Ihr lieben Bücherfreunde,

ich wünsche euch allen einen schönen 2. Advent! Heute möchte ich euch den mir aus dem Blickwinkel geratenen Klassiker Wilhelm Raabe vorstellen, den ich wieder entdeckt habe. 

Und das kam so: Um die Weihnachtszeit stöbere ich gerne in Weihnachtsbüchern und Sammlungen mit Weihnachtsgeschichten und fand einen Auszug aus Wilhelms Raabes "Die Leute aus der Sperlingsgasse":
Der erste Schnee! der erste Schnee! An den Fenstern erscheinen lachende Kindergesichter, kleine Händchen klatschen fröhlich zusammen: welche Gedanken an weiße Dächer und grüne, funkelnde Tannenbäume! Wie phantastisch die Sperlingsgasse in dem wirbelten, weißen Gestöber aussieht.

Am 24. Dezember machen der Erzähler Johannes Wachholder und sein Freund, der Karikaturzeichner Ulrich Strobel eine Weihnachtswanderung über den Weihnachtsmarkt, wo sie auf die junge Tänzerin Rosalie und ihren kleinen Sohn Alfred treffen:

Der Karikaturzeichner hätte sich in diesem Augenblick sehr gut selbst abkonterfeien können - er  tat es auch, aber später. Wundervoll sah er aus. Im Knopfloch baumelte ein gewaltiger Hampelmann, in der rechten Hand hatte er eine große Knarre, die er energisch schwenkte, während auf seinem linken Arm Alfred mit aller Macht auf eine Trommel paukte.

Und auch die Beschreibung des späteren Nachhausegehens möchte ich Euch nicht vorenthalten:
...und nun ging's durch die menschen- und lichterfüllten Straßen nach Hause. Wie glänzte heute Abend die alte, dunkle Sperlingsgasse! Von den Kellern bis zum sechsten Stock, bis in die kleinste Dachstube war die Weihnachtszeit eingekehrt; freilich nicht allenthalben auf gleich "Fröhliche, selige, gnadenbringende" Weise.

Ich möchte Euch jetzt keine Inhaltsangabe oder Analyse geben, das haben andere schon oft gemacht. Nur so viel, Wilhelm Raabe ist immer noch ein Lesegenuß: Realistisch, sozialkritisch, aber von der Grundstimmung heiter. Historisch und doch erstaunlich modern. Den Geschicken der Leute in der Sperlingsgasse zu folgen, ist ergreifend und unterhaltend.


Die Erzählung "Zum wilden Mann" erinnerte mich zuerst an eine Geschichte von Rübezahl, in der Rübezahl einem armen Gesellen Geld leiht, was er später wieder zurückzahlen soll. Das Geld bringt dem armen Mann und seiner Familie Glück und am Ende zeigt Rübezahl sein gutes Herz. Ähnlich geht es dem Apotheker in der Apotheke "Zum Wilden Mann". Ein junger verzweifelter Mann, den der junge arme Apotheker bei seinen einsamen Ausflügen in die Berge kennenlernt, gibt ihm das Erbe seines Vaters und verschwindet spurlos. Mit dem Geld kauft sich der junge Mann eine Apotheke, arbeitet fleißig und wird reich und angesehen. Nach 30 Jahren kommt der Geldverleiher zurück. 

Wilhelm Raabe gab seine Erzählung zur weiten Verbreitung in die Reclam Universalbibliothek, da er sie zu seinen besten Sachen zählte. Im Nachwort schreibt Wolfgang Schlegel dazu: "Nur so ist Raabes Hinweis auf die ganz besondere Leserschaft der Reclamhefte zu verstehen: Gemeint ist jener Teil der Nation, der auf Grund seiner Erlebnisse oder seiner sozialen Lage ein Wissen von der Härte des Lebens, von der Bösartigkeit der Kanaille und von der scheinbar völligen Wehrlosigkeit des Guten haben kann. "

Wilhelm Raabe // Die Chronik der Sperlingsgasse
Reclams Universal-Bibliothek Nr. 7726 
Wilhelm Raabe // Zum Wilden Mann
Rcalms Universal-Bibliothel Nr. 2000

Vorgelesen von 
    Gisela

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