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Willkommen in Night Vale - Joseph Fink & Jeffrey Cranor

Original: Welcome in Night Vale, 2015 (Roman)




Night Vale ist eine Stadt nirgendwo in der Wüste. In ihr leben Menschen, die alle möglichen Gestalten annehmen können, und das meine ich wörtlich, also mal Fliegen, Blumen, eine Art Rentiere oder Sonstiges sein können - wie Josh.

Menschen, die sich vervielfältigen und in diesen vielen Versionen ihrer selbst in der Stadt rumlaufen -  wie Troy. Menschen, die nicht älter werden -  wie Jackie, die immer 19 Jahre alt bleibt. Menschen, die sich nicht an ihre Kindheit erinnern, die ihre Mutter jedes Mal neu kennenlernen müssen, weil sie alles sofort wieder vergessen. Menschen, die in einem Moment das Eine sagen und im Nächsten das genaue Gegenteil. Aliens, Engel, Ufos, glühende Wolken und Lichter in der Nacht.

Alles Dinge , die sonderbar klingen, aber durchaus Metaphern für die Nachteile unseres heutigen modernen Lebensstils sein könnten.
Auch die weniger angenehmen Seiten von Night Vale, wie zum Beispiel die über den Häusern fliegenden Hubschrauber, die ständige Überwachung durch die Geheimpolizei, die dunklen Kaputzentypen in den Parks, das allgegenwärtige sensationslüsterne Fernsehen, der sich selbst zerfleischende Stadtrat. Alles Dinge, die mir übertrieben, aber doch irgendwie möglich, wenn nicht sogar bekannt vorkommen. Und die Bibliothek, die nur noch unter Lebensgefahr heimlich betreten werden kann, soll wohl auf den Tod der Bücher und das Verschwinden unserer Lesekultur hinweisen; dachte ich.

Die Menschen können Night Vale nicht verlassen, egal ob sie mit dem Bus fahren oder mit dem Flugzeug fliegen, sie kommen immer wieder dort an, von wo sie losgefahren sind, nämlich Night Vale. Komisch ist nur, dass sie auch nach Night Vale zurückkehren wollen, selbst, wenn ihnen einmal die Flucht gelungen ist. Wäre es nicht natürlich einen besseren Ort zu suchen, wo man nicht ständig überwacht wird oder Blut weinen muss?


Ein guter Titel, ein schönes Cover, ein interessanter Klappentext, aber die Geschichte lies sich nicht in eine Kategorie pressen. Die Beschreibung des abgeschiedenen Platzes in der Wüste am Anfang des Buches erinnerte mich an den Film „Out of Rosenheim“, in dem Marianne Seegebrecht, ihren Mann in der Wüste verlässt. Ihr Mann verschwindet mit dem Auto in der Wüste, sie bleibt in der Tankstelle/Dinner/Stundenhotel, mit dem falschen Koffer – in der Eile hat sie den ihrer Mannes gegriffen – und einem Zauberkasten ausgestattet zurück und praktiziert fortan „Magic“.

Später dachte ich, es könne sich auch um eine riesige Reality-Show a la die „Truman- Show“ (Peter Weir) handeln. Einem super Film, indem die Protagonisten in einer künstlichen Fernsehwelt als Soap-Darsteller gehalten werden.  Das Zeitlose und Märchenhafte, das nur durch ein Kind bzw. eine Mutter durchbrochen werden kann, erinnerte mich auch an die Serie „Once Upon a Time“.

Aber „Willkommen in Night Vale“ ist ganz eigen, polarisiert die Leser. Die Stimmen in Internet sind begeistert ( Dennis Scheck oder Patrick Rothfuss loben es) oder haben das Buch nicht mehr zu Ende gelesen. Und einen Wikipedia Eintrag sowie eine super Blogtour  (http://whoiskafka.de/?p=1904 ) gibt es auch.

Für mich war das Buch sehr spannend, aber auch skurill, absurd, verstörend. Den Podcast im Bett in der Nacht zu hören, wäre wohl ziemlich gruselig gewesen, hätte aber wahrscheinlich abhängig gemacht.
Also mir lief bei der Lektüre ein Schauder über den Rücken, den ich allerdings nicht missen möchte.


Klett-Cotta, 2016; aus dem Englichen von Wieland Freund und Andrea Wandel.
Seiten 379, Euro 19,95, gebunden mit Schutzumschlag 

Für das Rezensionsexemplar danken wir: 





Kommentare

  1. Huhu :)

    Ich gehöre auch zur Fraktion der Leser, bei denen der Funke übergesprungen ist! Mir hat das Buch mit seinem ganz eigenen, skurillen Charme sehr gut gefallen!

    Liebe Grüße,
    Lisa von Prettytigers Bücherregal

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    Antworten
    1. Das freut mich! Ich war von den ganzen irren Ideen und Typen auch sehr begeistert :D
      Liebe Grüße :)

      Löschen
  2. Da war ich doch gleich neugierig und habe mir eure Rezension angesehen. Diese finde ich wirklich sehr gelungen. Würde ich das Buch nicht kennen, hätte sie mich definitiv neugierig gemacht.
    Night Vale kam mir auch immer wie ein Ort, völlig abseits der Realität vor und doch gibt es darin so viele Parallelen zu entdecken, die, bei aufmerksamem Lesen, durchaus zu denken geben. Night Vale ist jedenfalls ein perfekter Fluchtpunkt und weckte bei mir tatsächlich Sehnsüchte. Sehnsucht danach, diesen Ort zu entdecken. Leider ist dieser nur ein imaginärer Fleck auf der Landkarte. ;)

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  3. Ja, Sehnsüchte hat es auch bei mir geweckt, diesen ganz anderen Ort kennenzulernen. Aber wie du schreibst, unsere Welt ist auch schon ziemlich verrückt :)

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