Hallo, ihr lieben Bücherwürmer!
Heute gibt es gleich zweimal "Wanderlust" und jedes Mal ein einzigartiges Abenteuer. Während Nellie Bly zu einer Weltumrundung a la Jules Verne aufbricht, unternimmt Susa Schimmer eine Fahrt in Deutschlands Süden und zu sich selbst.
Nellie Bly: Around the World in 72 Days
Reisebericht // Herausgegeben & mit einem Vorwort von Martin Wagner
AvivA // Deutschsprachige Erstausgabe 2013 // Übersetzt von Josefine Haubold
Gebunden // 320 Seiten // 19,90 Euro
Es ist November 1889 und die junge Reporterin Nellie Bley bricht auf, um das berühmte Buch In 80 Tagen um die Welt von Jules Verne zu unterbieten. Sie reist im Auftrag ihrer Zeitung, der New York World und mit einer gewöhnlichen Handtasche, die für die heutige Zeit eher ungewöhnliche Dinge enthält:
"Zwei Reisemützen, drei Schleier, ein Paar Pantoffeln, einen kompletten Satz Toilettenartikel, ein Tintenfass, Füllfederhalter, Bleistifte und Durchschlagpapier, Stecknadeln, Nadel und Faden, einen Schlafrock, einen Tennis-Blazer, eine kleine Flasche und einen Tasse, diverse Garnituren Unterwäsche, einen großzügigen Vorrat an Taschentüchern und Rüschen und, am unhandlichsten und Sperrigsten, einen Tiegel Cold Cream, damit mein Gesicht Angesicht der vielfältigen mit bevorstehenden Wetterlagen nicht rissig würde".
Zuvor hat sie sich bei einem Schneider an einem Tag ein Kleid machen lassen, dass sie drei Monate lang durchgehend tragen kann. Über dem Arm trägt sie einen seidigen Regenmantel.
Und die schnellste Frau des 19. Jahrhunderts schafft es tatsächlich in nur 72 Tagen die Welt zu umrunden. Allerdings verbringt sie die meiste Zeit davon auf Schiffen, wie mit der Augusta Victoria von New York nach Southampton, mit dem Dampfer Victoria von Brindisi nach Colombo in Ceylon, mit dem Dampfer Oriental von Colombo nach Hongkong und schließlich mit der Occidental über Yokohama nach San Francisco. Die detaillierte Reiseroute mit dem geplanten und tatsächlichem Verlauf findet sich letzten Kapitel des Buches.
Meistens hatte Nellie Bly hilfreiche Männer an ihrer Seite, wie einen Journalisten, der bei ihrem Besuch bei Jules Verne dolmetschte. Oder nette Reisebekanntschaften, Schiffsärzte oder Kapitäne, denn Nellie ist jung, klug und an der Welt interessiert. Allerdings berichtet sie auch von weniger netten Erfahrungen mit Menschen, verspäteten Schiffen, schmutzigen Hotels oder kulturellen Besonderheiten. Müde und glücklich kommt Nellie schließlich in San Francisco an, wo sie schon ein Sonderzug erwartet, um sie zurück nach New York zu bringen. Und zum Glück hatte Nellie auf ihren Schiffsreisen genügend Zeit, um ihre spannende und abenteuerliche Reise aufzuschreiben.
Maren Erbrecht: Alles was ich muss ist weg
Reiseroman mit Burnout // U. Helmer Verlag // 2016
Paperback // 244 Seiten // 15, 00 Euro
Suza Schimmer macht sich allein auf. Es fällt ihr schwer sich aufzuraffen, denn sie "funktioniert nicht mehr", hat "ihren Schimmer verloren". Aber nach einer Burnout Diagnose sieht sie die Reise als einzige Alternative zu einem Klinikaufenthalt, denn Alles was ich muss ist weg. Und Suza will nur Ruhe und nicht in Selbsthilfe-Gruppen in ihrem Unterbewußtsein kramen:
"Ich kann Menschen nicht ertragen"
"Ich kann nicht begreifen, was Menschen zu mit sagen"
"Ich kann Mails nicht lesen. Also, ich kann sie zwar lesen, aber nicht begreifen"
"Und dann ist da noch ein Problem, dass ich es nicht schaffe, mich auf den Beinen zu halten. Zumindest nicht für lange"
Aber im Auto sitzt sie ja und so wirft sie wahllos ihre Sachen in eine Reisetasche und fährt los. Sie vermeidet auf ihrer Reise in Richtung Süddeutschland Menschenmengen, Sehenswürdigkeiten und einfach alles, was den Anschein von Tourismus hat. Langsam kommt Suza zur Ruhe und macht Fortschritte, kann wieder beim Kellner bezahlen anstatt abgezähltes Geld auf dem Tisch zu legen. Tatsächlich geht es ist im Verlauf ihrer Reise immer besser. Woran auch Walburga, ihre innere immer zum Philosophieren bereite und vernunftbegabte Stimme großen Anteil hat:
"Aber warum sehen sie mich so an? ...
Wenn du nicht hinguckst, gucken sie dich dann auch so an?, fragte mich Walburga.
Wie soll ich das wissen, ich sehe es ja dann nicht!
Okay, dann gucke ich hin und sage es dir.
Sehr witzig!"
Und auch die letzten beiden Besuche bei guten Freundinnen in Nürnberg und am Starnberger See helfen Suza ihre Seele zu heilen, wobei auch das Setzen einer Almwiese eine gute Kur zu sein scheint. Nach elf Tagen hat sich Suza selbst zurückgewonnen und hat erkannt, dass sie sich immer zu viele Gedanken gemacht hat. Immer zu viel gearbeitet hat, ständig erreichbar und abgelenkt von sich selbst war.
Ein tolles Buch von einer jungen Frau, die mutig genug ist sich selber zu suchen und zu finden.
Heute gibt es gleich zweimal "Wanderlust" und jedes Mal ein einzigartiges Abenteuer. Während Nellie Bly zu einer Weltumrundung a la Jules Verne aufbricht, unternimmt Susa Schimmer eine Fahrt in Deutschlands Süden und zu sich selbst.
Nellie Bly: Around the World in 72 Days
Reisebericht // Herausgegeben & mit einem Vorwort von Martin Wagner
AvivA // Deutschsprachige Erstausgabe 2013 // Übersetzt von Josefine Haubold
Gebunden // 320 Seiten // 19,90 Euro
Es ist November 1889 und die junge Reporterin Nellie Bley bricht auf, um das berühmte Buch In 80 Tagen um die Welt von Jules Verne zu unterbieten. Sie reist im Auftrag ihrer Zeitung, der New York World und mit einer gewöhnlichen Handtasche, die für die heutige Zeit eher ungewöhnliche Dinge enthält:
"Zwei Reisemützen, drei Schleier, ein Paar Pantoffeln, einen kompletten Satz Toilettenartikel, ein Tintenfass, Füllfederhalter, Bleistifte und Durchschlagpapier, Stecknadeln, Nadel und Faden, einen Schlafrock, einen Tennis-Blazer, eine kleine Flasche und einen Tasse, diverse Garnituren Unterwäsche, einen großzügigen Vorrat an Taschentüchern und Rüschen und, am unhandlichsten und Sperrigsten, einen Tiegel Cold Cream, damit mein Gesicht Angesicht der vielfältigen mit bevorstehenden Wetterlagen nicht rissig würde".
Zuvor hat sie sich bei einem Schneider an einem Tag ein Kleid machen lassen, dass sie drei Monate lang durchgehend tragen kann. Über dem Arm trägt sie einen seidigen Regenmantel.
Und die schnellste Frau des 19. Jahrhunderts schafft es tatsächlich in nur 72 Tagen die Welt zu umrunden. Allerdings verbringt sie die meiste Zeit davon auf Schiffen, wie mit der Augusta Victoria von New York nach Southampton, mit dem Dampfer Victoria von Brindisi nach Colombo in Ceylon, mit dem Dampfer Oriental von Colombo nach Hongkong und schließlich mit der Occidental über Yokohama nach San Francisco. Die detaillierte Reiseroute mit dem geplanten und tatsächlichem Verlauf findet sich letzten Kapitel des Buches.
Meistens hatte Nellie Bly hilfreiche Männer an ihrer Seite, wie einen Journalisten, der bei ihrem Besuch bei Jules Verne dolmetschte. Oder nette Reisebekanntschaften, Schiffsärzte oder Kapitäne, denn Nellie ist jung, klug und an der Welt interessiert. Allerdings berichtet sie auch von weniger netten Erfahrungen mit Menschen, verspäteten Schiffen, schmutzigen Hotels oder kulturellen Besonderheiten. Müde und glücklich kommt Nellie schließlich in San Francisco an, wo sie schon ein Sonderzug erwartet, um sie zurück nach New York zu bringen. Und zum Glück hatte Nellie auf ihren Schiffsreisen genügend Zeit, um ihre spannende und abenteuerliche Reise aufzuschreiben.
Für das Rezension-exemplar danken wir:
AvivA
Maren Erbrecht: Alles was ich muss ist weg
Reiseroman mit Burnout // U. Helmer Verlag // 2016
Paperback // 244 Seiten // 15, 00 Euro
Suza Schimmer macht sich allein auf. Es fällt ihr schwer sich aufzuraffen, denn sie "funktioniert nicht mehr", hat "ihren Schimmer verloren". Aber nach einer Burnout Diagnose sieht sie die Reise als einzige Alternative zu einem Klinikaufenthalt, denn Alles was ich muss ist weg. Und Suza will nur Ruhe und nicht in Selbsthilfe-Gruppen in ihrem Unterbewußtsein kramen:
"Ich kann Menschen nicht ertragen"
"Ich kann nicht begreifen, was Menschen zu mit sagen"
"Ich kann Mails nicht lesen. Also, ich kann sie zwar lesen, aber nicht begreifen"
"Und dann ist da noch ein Problem, dass ich es nicht schaffe, mich auf den Beinen zu halten. Zumindest nicht für lange"
Aber im Auto sitzt sie ja und so wirft sie wahllos ihre Sachen in eine Reisetasche und fährt los. Sie vermeidet auf ihrer Reise in Richtung Süddeutschland Menschenmengen, Sehenswürdigkeiten und einfach alles, was den Anschein von Tourismus hat. Langsam kommt Suza zur Ruhe und macht Fortschritte, kann wieder beim Kellner bezahlen anstatt abgezähltes Geld auf dem Tisch zu legen. Tatsächlich geht es ist im Verlauf ihrer Reise immer besser. Woran auch Walburga, ihre innere immer zum Philosophieren bereite und vernunftbegabte Stimme großen Anteil hat:
"Aber warum sehen sie mich so an? ...
Wenn du nicht hinguckst, gucken sie dich dann auch so an?, fragte mich Walburga.
Wie soll ich das wissen, ich sehe es ja dann nicht!
Okay, dann gucke ich hin und sage es dir.
Sehr witzig!"
Und auch die letzten beiden Besuche bei guten Freundinnen in Nürnberg und am Starnberger See helfen Suza ihre Seele zu heilen, wobei auch das Setzen einer Almwiese eine gute Kur zu sein scheint. Nach elf Tagen hat sich Suza selbst zurückgewonnen und hat erkannt, dass sie sich immer zu viele Gedanken gemacht hat. Immer zu viel gearbeitet hat, ständig erreichbar und abgelenkt von sich selbst war.
Ein tolles Buch von einer jungen Frau, die mutig genug ist sich selber zu suchen und zu finden.
Für das Rezension-exemplar danken wir:
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