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Petra Oelker: Die Brücke zwischen den Welten

Roman // Wunderlich // 2018
496 Seiten // 19,95 Euro // Hardcover 

Mit Petra Oelker verbinde ich Spannung, gute Unterhaltung und fundiertes historisches Wissen. Und genauso ist auch wieder ihr neustes Buch, was 1906 in Konstantinopel spielt. Noch leben hier viele Nationen friedlich zusammen, wenn auch die unterschiedlichen Interessen oftmals aufeinandertreffen. Petra Oelker zeigt dies spannend und doch unaufgeregt, wie in einer Momentaufnahme, an dem Geschick des Handelshauses Ihmsen & Witt und den mit ihnen Verbundenen.

Die wohlhabenden und angesehenen Inhaber Alfred Ihmsen und sein Neffe Richard Witt sind Deutsche und haben sich einen hervorragenden Namen im Handel und wertvolle Orientteppiche erworben. Ludwig Brehm reist zur Unterstützung aus Hamburg an und erlebt eine pulsierende und schillernde Stadt, deren Spielregeln er erst kennen lernen muss.  Richard Witt ist in zweiter Ehe mit der jungen Engländerin Edie verheiratet. Edies Vater Commander Thomson ist Offizier der British Royal Navy und als Hafenmeister hatte er die Aufsicht und Verantwortung für alle britischen Belange im Hafen, am Bosporus und weit darüber hinaus.

Oelker schreibt von interessanten, aber zum Teil den Konventionen verhafteten Männern und von starken mutigen Frauen. So steht Edie für die emanzipierte mutige Engländerin, in Konstantinopel geboren und aufgewachsen und auf der Suche nach Abenteuern. Sie lernt heimlich Arabisch und würde ihren Mann am liebsten auf seinen Reisen zu fernen Teppichhändlern begleiten, was sich aber natürlich für eine Frau ihres Standes nicht schickt. Die geheimnisvolle und schöne Milena ist Französin mit russischen Wurzeln und interessiert sich sehr für das internationale Geschehen und die informativen Männergespräche über Politik und Weltgeschehen. Oder Madame Labarie, bei der Milena Gesellschafterin ist, und die nach dem Tod ihres Mannes ein zurückgezogenes zufriedenes Single Dasein führt.

Gleichzeitig leben sie in brisanten Zeiten. In Russland fürchtet der Zar revolutionäre Bestrebungen der jungen Georgias Dschugaschwili, während in Konstantinopel der Sultan um Macht und Leben fürchtet, was zu offenen Verhaftungen oder nächtlichen Verschleppungen führt. Und auch die Dreyfus-Affäre und das Hamburger Bismarck-Denkmal erhitzen die Gemüter. Der Epilog spielt 1920 als der 1. Weltkrieg schon alles durcheinander geworfen hatte.


Wir danken Wunderlich für das Rezensionsexemplar






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