Direkt zum Hauptbereich

Juliet Ashton: Der Sunday Lunch Club

Eine schöne Idee, dass Leben der großen Familie Piper und deren Freunde anhand ihrer sonntäglichen Zusammenkünfte zum gemeinsamen Lunch kennenzulernen.

Roman // Originaltitel: The Sunday Lunch Club // 2018
Rowohlt // 2020 // Übersetzt von Silke Jellinghaus 
416 Seiten // 10,00 Euro // Taschenbuch 

Es ist eine wirklich interessante Familie, an der Juliet Ashton verschiedene Lebensentwürfe zeigt: Anna, die Hauptperson, ist durch einen "One-Night Stand" in der Wäschekammer, während einer Luncheinladung ihres älteren Bruders Neil, vom viel jüngeren Barkeeper schwanger geworden. Aber da gibt es noch den geheimnisvollen Luca, der eine große Anziehungskraft auf Anna ausübt.
Der 44 Jahre alte Neil hat sich erst spät zu seiner Homosexualität bekannt, dann aber den nur halb so alten charmanten Santiago geheiratet. Zusammen haben sie die kleine Paloma adoptiert, wobei es Neil sehr schwer fällt, nicht in die traditionellen Geschlechterrollen zu verfallen.
Ihre jüngere Schwester Maeve ist immer Hippie geblieben. Sie lebt chaotisch, verliebt sich spontan in ständig wechselnde Männer und ist ihrem 13 jährigen Sohn eine gute Mutter.
Josh ist mit seinen 29 Jahren der jüngste der Piper-Geschwister und das Baby der Familie, um den sich alle Sorgen. Er ist noch auf der Suche nach seiner geschlechtlichen Identität und den passenden Lebensentwurf.

Die Eltern Piper haben ihre  erwachsenen Kinder hinter sich gelassen haben und sind nach Florida gezogen. Nun hat Anna instinktiv die Rolle der Hüterin der Familie und des Feuers auf sich genommen. Zum festen Kern der Lunch-Einladungen zählen noch ihre irische Oma Dinkie und Annas Ex-Mann Sam. Dinkie lebt seit kurzem in einem Altenheim, in dem sie sich aber sehr unwohl fühlt. Die sonntäglichen Treffen geben kurze Einblicke in die chaotischen, lustigen, schmerzvollen Entwicklungen im Familienleben und treiben die Handlung vorwärts.

Mit 416 Seiten ist Der Sunday Lunch Club ein schöner, dicker Schmöker wie ich sie liebe. Juliet Ashton läßt den erscheinenden Charakteren Raum sich zu entwickeln und beschreibt sie liebevoll und unterhaltend. Und am Ende des Buches gibt es auch für die vielen Probleme eine glaubwürdige Lösung. Besonders gut gefällt mit die Szene ziemlich am Ende, in der Dinkie mit ihren mittlerweile drei kleinen Enkelinnen im Stuhl sitzt und ihnen die Zukunft der Familie anvertraut, während "die Erwachsenen" in der Küche sitzen und palavern:

Dinkie sprach mit leiser Stimme, der Stimme, mit der sie auch Märchen erzählte. "Keine von euch dreien wird es begreifen, aber ich will es euch trotzdem sagen. Ich verwöhne euch, nicht wahr? Und warum, glaubt ihr, ist das so? Zum einen, weil ich euch liebe, natürlich. Zum anderen, weil ich nicht immer hier sein werde, um euch zu verwöhnen. Die Erwachsenen kommen damit nicht zurecht, dass ich das weiß. Sie halten mich für eine gebrechliche alte Dame, dabei bin ich zäh wie Leder und halte die Wahrheit aus. Jemand muss sich um den Haufen hier kümmern, und deswegen übergebe ich den Stab an euch kleine Damen."


Wir danken dem Rowohlt Verlag für das Rezensionsexemplar.





Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

Ilinca Florian: Das zarte Bellen langer Nächte

Roman // Karl Rauch Verlag // 2020 160 Seiten // 20.00 Euro // gebunden mit Lesebändchen Das zarte Bellen langer Nächte ist ein typisches Buch über eine verlorenen Seele in der Großstadt Berlin und über das Erwachsenwerden. Nach ihrem Studienabschluss weiß Hannah nicht, wohin ihr Weg sie führt. Sie nimmt verschiedene Jobs an, um sich über Wasser zu halten, so arbeitet sie für das KaDeWe oder auch für Zalando bei der Rücknahme von Kleidungsstücken. Bei vor allem letzteren fand ich einen Eindruck in die Arbeitsweise spannend, doch auch dort hält es Hannah nicht lange. Sie ist in gewisser Weise rastlos, ohne hibbelig zu sein, verloren, ohne orientierungslos zu sein: Hannah ist weder traurig noch besonders glücklich. Sie denkt an früher, als sie oft alleine durch den Wald spazierte, der in der Nähe ihres Gymnasiums lag. Hat sie sich verändert? Überhaupt nicht. Seltsam, der Gedanke. Dass man immer der gleiche Mensch bleibt, es werden nur Jahre, Kleidung, ein wenig Schminke und eine g

Der Trubel des akademischen Lebens

ACADEMIA  ist ein statirischer Roman über die Welt der Universitäten und akademischen Weihen. Eve Braintree hat nach der Trennung von ihrem Freund ihre Professorenstelle an der Ostküste aufgegeben, um als Leiterin des Medienzentrums einer renommierten Universität im sonnigen Kalifornien ein neues Leben zu beginnen.  Karen Ruoff: ACADEMIA Roman // Originaltitel: Coming up Ruses Argument Verlag // 2021 // Übersetzt von Christa Schuenke Seiten 400 // 24,00 Euro // Gebunden mit Lesebändchen Als die Budgets der Universität drastisch gekürzt werden, lernt Eve schnell die Schattenseiten des Universitätslebens kennen: Hartley Kendall der Präsident der Universität ist der Prototyp des Machtpolitikers. Nach außen vertritt er zwar den strikten Sparkurs, verfolgt aber nur seine eigenen Reichtums und Machtinteressen. Denn Einfluß an der Universität und in dessen Stiftungsrat haben nur die Mitglieder und Förderer der U_S, was U_numschränkte S_eelenruhe bedeutet. Psychaterin und Hellseherin Anna Na

Andreas Lehmann: Schwarz auf Weiss

Wieder hat der Karl Rauch Verlag es geschafft mich bereits mit der Cover-Gestaltung zu überzeugen. Ich wünschte alle meine Bücher würden so aussehen! Karl Rauch Verlag // 2021 176 Seiten // 20,00 Euro // Hardcover Als Martin Oppenländer erkennt wie sinnlos und monoton seine Arbeit letztlich ist, will er nicht länger von ihr abhängig sein. Kurzerhand macht er sich selbstständig. Doch die erhoffte Freiheit stellt sich nicht ein als die Welt auf einmal still steht. Da keine Aufträge hereinkommen, bleibt er in der Abhängigkeit, doch dieses mal nicht von einem Arbeitgeber, sondern vom Staat. Sein Leben scheint komplett aus den Fugen geraten zu sein, ohne Alltag mit einem Job, den er nicht ausüben kann. In dieses Chaos hinein erreicht ihn ein Anruf aus der Vergangenheit - von einer Frau, an die er sich nicht mehr erinnern kann. Als Martin ihr dies gesteht, ist sie zunächst nicht sonderlich erbaut darüber. Trotzdem ruft sie wieder an. Und während er versucht ein Bild von dieser Frau zusammen