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Lars Ruppel: Die Kuh vom Eis


Das Erste, was mir zu Gedichten in den Sinn kommt, sind Goethe und Schiller. Schon in der Grundschule musste man immer wieder im Deutschunterricht Gedichte auswendig lernen und vor der gesamten Klasse vortragen. Danach durften sich Mitschüler melden und eine Bewertung abgeben. Die eigenen Freunde wurden - unabhängig von ihrer tatsächlichen Leistung und Textsicherheit - in den Himmel gelobt, während man sich bei eher ungeliebten Mitschülern vornehm zurückhielt.
Einigen viel das Auswendiglernen leicht, für Andere war das Ganze eine Folter. Wie auch sonst musste meine Mutter sich stundenlang mit mir hinsetzen und unzählige Verse auswendig lernen.
An mein erstes Gedicht kann ich mich nicht mehr erinnern, doch John Maynard von Fontane oder der Osterspaziergang aus Faust I sind mir im Gedächtnis geblieben.
In der Oberschule ging es dann eher sekundär um das Auswendiglernen, sondern viel mehr um die Analyse, die Stilmittel oder das Metrum.

Als ich auf "Die Kuh vom Eis" von Lars Ruppel gestoßen bin, war ich sehr neugierig. Der deutsche Poetry-Slam-Meister dichtet Geschichten rund um altbekannte Sprichwörter wie "Hempels unterm Sofa", "Das Blaue vom Himmel" oder "Die Kuh vom Eis".

Da ich es von der Schule gewohnt bin Gedichte zu analysieren, sind mir sofort einige Dinge in die Augen gesprungen. Es gibt kein festgelegtes Reimschema, dem Ruppel durchgängig folgt. Überwiegend liegt ein Paarreim mit Waisen vor also abcb:
"Wo die Hecke Einlass bietet,
 dort beginnt ein Weg aus Stein, 
teilt die kleine Rasenfläche
in zwei gleiche Hälften ein,"

Des Weiteren verwendet Ruppel den klassischen Paarreim aabb oder den Kreuzreim abab.
Doch in diesem Gerichtszyklus stehen Reimschema und Metrum im Hintergrund, viel mehr geht es inhaltlich um den Witz und die politische Kritik. So fallen auch kleine Spitzen wie beispielsweise über das Geheule des "betrunkenen Bundestagsabgeordneten". Lars Ruppel rechnet aber auch mit der BILD-Zeitung ab, die der Kuh vom Eis dafür, dass sie Angst verbreitet den Axel-Springer-Preis verleiht.
Die elf Gedichte rund um kuriose Sprichwörter werden von kleinen lustigen Illustrationen von Eyke-Sören Röhr abgerundet.

Satyr Verlag // 2017 // Illustriert von Eyke-Sören Röhr
Seiten 96 // 10,90 Euro // Klappenbroschur

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