An einem Donnerstagabend nehmen wir die beschwerliche Reise aus dem Berliner Norden auf zum Heimathafen Neukölln. Denn dort erwartet uns die Buchpräsentation von Samuel Selvons Die Taugenichtse. Bereits 1965 in London erschienen, schwappt der Pionier der modernen Migrationsliteratur erst jetzt zu uns nach Deutschland.
Sigrid Löffler, Grande Dame der deutschen Literaturkritik und jahrelanges Mitglied des literarischen Quartetts, hat das Nachwort verfasst. Sie stieß das erste Mal bei Recherchen zu ihrem neusten Buch Die neue Weltliteratur und ihre großen Erzähler auf Selvon, wobei der Autor Michael Ondaatje ihr The Lonely Londoners (Originaltitel von die Taugenichtse) empfahl. Samuel Selvon war der erste Autor, der über die Ankunft der Westinder in London als billige Arbeitskräfte aus Sicht der Migranten selbst geschrieben hat.
Nun hat der Dtv-Verlag 23 Jahre nach Selvons Tod die Chance ergriffen und mit Hilfe der Übersetzerin Miriam Mandelkow den Roman nach Deutschland gebracht.
Nachdem wir unsere reservierten Karten abgeholt haben, bleibt uns noch eine halbe Stunde bis zum Beginn. Diese Zeit nutzen wir für eine kleine Stärkung im Café Rix, das mit der wunderschönen mit Stuck verzierten Decke als Highlight eine tolle Atmosphäre besitzt.
Wir erinnern uns: Bereits vor einigen Jahren waren wir schon einmal bei er Lesung von Christoph Spielberg zu seinem Krimi Der Ein-Euro-Schnüffler über den arbeitslosen Ingenieur und zugleich Ermittler Oskar hier.
Sobald die Teller geleert sind, geht es in den ersten Stock in den Heimathafen Neukölln. Wir finden noch ein paar Plätze in der letzten Reihe und brauchen nicht mehr lange zu warten, da betritt Sigrid Löffler den Raum, gefolgt von Miriam Mandelkow, Benedict Wells und Jan Brandt. Nachdem die heutigen Hauptakteure unter dem lautstarken Applaus des Publikums ihre Plätze eingenommen haben, begrüßt Sigrid Löffler die Anwesenden und führt sie durch die Buchpräsentation.
Zunächst erläutert Löffler den politisch-historischen Hintergrund des Romans und erzählt von der Generation Windrush und der Verhältnisse der Mokkas in England. Sie bringt uns den Autor und sein Lebensumfeld näher und berichtet auch von vergleichbaren Schicksalen.
Danach liest Miriam Mandelkow eine Passage über die Ankunft der Westinder am Londoner Bahnhof Waterloo und wir lernen den Protagonisten Moses kennen. Gleich fällt dem Zuhörer die einfache, leichte Sprache Selvons auf, die jedoch gar nicht so einfach und leicht zu übersetzen ist. Mandelkow berichtet von den Problemen einen Dialekt zu übersetzen - der Gratwanderung zwischen Tabu und Feigheit - und wie dieses Kunstprojekt entstanden ist.
Nach ein paar überleitenden Worten von Sigrid Löffler sind die Autoren an der Reihe: Jan Brandt liest von den Problemen der Migranten die eigene Wohnung zu bezahlen und von der Ignoranz der Engländer. Er lobt die Sprache Selvons, die ihn dazu gebracht habe das Buch in einem Stück zu lesen, und bezeichnet den Roman als ein Konzeptalbum.
Zuletzt meldet sich Benedict Wells zu Wort. Nachdem auch der Sprecher vieler Hörbücher eine Passage über einen lebensfrohen Migranten, der sich zu einer Verabredung fein rausputzt, liest, erzählt er, dass die Wärme des Buches und zugleich der unverschönte Realismus, der auch den englischen Rassismus mit einbegreift, ihn zutiefst begeistert haben. Wells schließt die Buchpräsentation mit einem Auszug über einen Tanzabend.
Das nächste Mal folgt unsere Besprechung über Die Taugenichtse von Samuel Selvon!
Das nächste Mal folgt unsere Besprechung über Die Taugenichtse von Samuel Selvon!
Ein schöner Bericht, war sicher ein sehr interessanter Abend. Liebe Grüße Uschi
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