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Paolo Rumiz: Der Leuchturm

Roman // Original: Il Ciclope // 2015
Folio Verlag // 2017 // Aus dem Italienischen von Karin Fleischanderl
160 Seiten // 20,00 Euro // Gebunden. Schöne Ausstattung mit Leseband 


Paolo Rumiz ist ein bekannter Schriftsteller, der über seine Reisen während des Afghanistan- und Jugoslawien-Krieg, innerhalb Italiens oder zu entlegenen europäischen Orten berichtet. Hier schreibt er über seinen dreiwöchigen Aufenthalt in einem Leuchtturm, 120 Meter hoch über dem Meer, auf einer entlegenen Insel. Hier geht die Sonne früher auf und später unter. Die genaue Lage will er nicht verraten, wahrscheinlich fürchtet einen touristischen Ansturm. In den drei Wochen, die ihm wie drei Monate vorkommen, findet er wieder zu sich selber, wird wieder Herr über seine Zeit:


Je länger er auf der Insel ist, desto aufmerksamer, genauer werden seine Beobachtungen. Seine Gedanken werden weniger komplex, seine Notizen knapper, schweigsamer: „Die großen Seeleute kennen diese geheimnisvolle Zurückhaltung sehr gut, das Gefühl, dass Worte im Übermaß der Natur nicht ausreichen“.
Rumiz erzählt von den Winden, Schiroko, Tramontana und Levante, von Milliarden Sternen, die manchmal auch vom Himmel hageln und von langen Spaziergängen über die Insel zum einäugigen Esel, auf denen er wilden Spargel und Kapern pflückt, die er in Salzlake einlegt. Er denkt über den Mittelmeerraum als Ort des Austausches und der Verschmelzung der Kulturen nach. Über Leuchttürme und ihre Bewohner. Über frühere Reisen zu anderen Leuchttürmen. Und am Ende seiner Reise leuchtet schon ein neues Ziel.

Der Leuchtturm ist ein verzaubertes Buch, das von den Geheimnissen des Mittelmeers erzählt ohne sie wirklich preiszugegeben. Wunderbar poetisch und sehr informativ. Ein großes Lob an die Übersetzerin Karin Fleischanderl. Schade, dass nicht mehr Bücher von Paolo Rumiz in Deutsche übersetzt sind.


Für das Rezensionsexemplar danken wir: 

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