The Folded Clock 2015
Heute stellte ich fest, dass ich Heidi Julavits schon von dem Buch „Women in Clothes“ kenne, ohne zu wissen, dass sie Mitherausgeberin ist. Ich hatte einen Artikel über das Buch und Lena Dunham von Girls gelesen und war neugierig geworden. Es ist ein erstaunliches Buch, indem Frauen erzählen, warum sie Tragen, was sie Tragen und was ihnen Mode bedeutet. Und hier ist auch der Bezug zum „Selbst“, der in Heidi Julavits Buch „Heute Dem Leben auf der Spur“ eine große Rolle spielt.
Eula Biss, die die amerikanische Originalausgabe „The Folded Clock“ 2015 in der New York Times besprochen hat, schreibt über das Selbst: „Whether or not the self is real or an illusion, made or found, we do know that the self we encounter in a book, even if that book is a diary, is a made thing“.
Julavits schreibt Tagebuch um sich in der Zeit festzuhalten und ihr nachzuspüren: „Da ich plötzlich zehn Jahre älter zu sein scheine als noch vor einem Jahr, habe ich beschlossen Tagebuch zu führen“.
Ihre Tagebucheinträge beginnen alle mit „Heute habe ich...“ oder „Heute bekam ich ...“, „Heute ...“, was mich ein wenig an die Ansichtskarten, die ich als Kind im Urlaub schreiben musste, erinnert: Mir geht es gut, wie geht es dir?
Aber bei Julavits wird jedes „Heute ...“ zu einem Nachdenken, einem Essay über den Anlass, der dann in die Vergangenheit oder Zukunft führen kann und zu weiteren Gedankenketten führt. Ihr Nachdenken bringt sie aber immer wieder zu ihrem eigenen Selbst und Leben zurück. Vielleicht um es nachträglich besser zu verstehen, einordnen zu können.
Sie schreibt über ihr Leben und die Chancen, sich selbst neu zu erfinden. Über die Frage nach der Kontinuität des Selbst und den eigenen Platz im Leben.
Dabei geht Julavits sehr wach mit sehenden Augen und hörenden Ohren durchs Leben. „Heute habe ich im Mülleimer am JFK einen Rolodex gefunden“. Ein Rolodex ist eine Rollkartei auf der viele Karteikarten sind. Julavits macht sich nun Gedanken um die Herkunft, Bedeutung und den Verlust des Rolodex und um die Familienbilder, die auf den Karteikarten geklebt sind. Vermutlich hätte ich ihn gar nicht gesehen, und wenn, mich nicht getraut ihn herauszuholen.
Eula Biss schreibt, dass sie sich während der Lektüre verloren und mit Heidi Julavits vermischt habe: Losing one`s self is, after all, one of the rewards of reading“. Diese Identifikation mit einer Buchfigur passiert mir auch sehr häufig, allerdings diesmal nicht. Vielleicht weil das Tagebuch nicht mein Tagebuch ist. Oder weil mir so ungefähr in der Mitte des Buches der Gedanke kam, dass das Tagebuch vielleicht kein „richtiges“ Tagebuch, sondern ein Roman über ein Tagebuch und was Tagebuchschreiben bedeutet, ist. Auf alle Fälle ist „Heute Dem Leben auf der Spur“ ein tolles Buch und von einer witzigen und sehr klugen Autorin geschrieben. Es hat mit sehr gut gefallen und ich wäre gerne mit der Autorin befreundet.
Atrium Verlag // 2016 // Aus dem Amerikanischen von Britt Somann-Jung
381 Seiten // Euro 22.00 // Gebunden
Heute stellte ich fest, dass ich Heidi Julavits schon von dem Buch „Women in Clothes“ kenne, ohne zu wissen, dass sie Mitherausgeberin ist. Ich hatte einen Artikel über das Buch und Lena Dunham von Girls gelesen und war neugierig geworden. Es ist ein erstaunliches Buch, indem Frauen erzählen, warum sie Tragen, was sie Tragen und was ihnen Mode bedeutet. Und hier ist auch der Bezug zum „Selbst“, der in Heidi Julavits Buch „Heute Dem Leben auf der Spur“ eine große Rolle spielt.
Eula Biss, die die amerikanische Originalausgabe „The Folded Clock“ 2015 in der New York Times besprochen hat, schreibt über das Selbst: „Whether or not the self is real or an illusion, made or found, we do know that the self we encounter in a book, even if that book is a diary, is a made thing“.
Julavits schreibt Tagebuch um sich in der Zeit festzuhalten und ihr nachzuspüren: „Da ich plötzlich zehn Jahre älter zu sein scheine als noch vor einem Jahr, habe ich beschlossen Tagebuch zu führen“.
Ihre Tagebucheinträge beginnen alle mit „Heute habe ich...“ oder „Heute bekam ich ...“, „Heute ...“, was mich ein wenig an die Ansichtskarten, die ich als Kind im Urlaub schreiben musste, erinnert: Mir geht es gut, wie geht es dir?
Aber bei Julavits wird jedes „Heute ...“ zu einem Nachdenken, einem Essay über den Anlass, der dann in die Vergangenheit oder Zukunft führen kann und zu weiteren Gedankenketten führt. Ihr Nachdenken bringt sie aber immer wieder zu ihrem eigenen Selbst und Leben zurück. Vielleicht um es nachträglich besser zu verstehen, einordnen zu können.
Sie schreibt über ihr Leben und die Chancen, sich selbst neu zu erfinden. Über die Frage nach der Kontinuität des Selbst und den eigenen Platz im Leben.
Dabei geht Julavits sehr wach mit sehenden Augen und hörenden Ohren durchs Leben. „Heute habe ich im Mülleimer am JFK einen Rolodex gefunden“. Ein Rolodex ist eine Rollkartei auf der viele Karteikarten sind. Julavits macht sich nun Gedanken um die Herkunft, Bedeutung und den Verlust des Rolodex und um die Familienbilder, die auf den Karteikarten geklebt sind. Vermutlich hätte ich ihn gar nicht gesehen, und wenn, mich nicht getraut ihn herauszuholen.
Eula Biss schreibt, dass sie sich während der Lektüre verloren und mit Heidi Julavits vermischt habe: Losing one`s self is, after all, one of the rewards of reading“. Diese Identifikation mit einer Buchfigur passiert mir auch sehr häufig, allerdings diesmal nicht. Vielleicht weil das Tagebuch nicht mein Tagebuch ist. Oder weil mir so ungefähr in der Mitte des Buches der Gedanke kam, dass das Tagebuch vielleicht kein „richtiges“ Tagebuch, sondern ein Roman über ein Tagebuch und was Tagebuchschreiben bedeutet, ist. Auf alle Fälle ist „Heute Dem Leben auf der Spur“ ein tolles Buch und von einer witzigen und sehr klugen Autorin geschrieben. Es hat mit sehr gut gefallen und ich wäre gerne mit der Autorin befreundet.
Atrium Verlag // 2016 // Aus dem Amerikanischen von Britt Somann-Jung
381 Seiten // Euro 22.00 // Gebunden
Oh dieser Tagebuch-Stil klingt wirklich schön! Das habe ich vor vier/fünf Jahren auch gemacht. Nicht jeden Tag kontinuierlich, sondern immer, wenn ich Lust hatte. Und irgendwie hatte ich meistens Lust.
AntwortenLöschenAllerdings denke ich auch, dass es schwierig sein kann, sich mit dem Tagebuchstil zu identifizieren, wenn es gar kein richtiges Tagebuch ist. Die Authentizität entsteht da meist in der Unüberlegtheit.
Dennoch klingt es wirklich toll und ich werde mir das Buch auf jeden Fall ansehen. Eure Sympathie der Autorin gegenüber, spricht ja für sich:)
Liebste Grüße,
Sonja von http://searchingforkitsch.blogspot.de